Von Mag. Wolfgang Dvorak-Stocker
„Heimat ist nicht Enge, sondern Tiefe“, formulierte schon Hanns Koren, der große Steirer. Daß „Heimat wieder in“ ist, hat nicht zuletzt der letzte Präsidentenwahlkampf bewiesen, wo der grüne Spitzenkandidat Alexander Van der Bellen mit Hund vor einer heimischen Bergkulisse posierte und damit subkutan an die patriotischen Gefühle der Österreicher appellierte. Auch der Erfolg eines Musikers wie Andreas Gabalier oder die Rekordzahl von 130.000 Besuchern beim heurigen Trachtenfest „Aufsteirern“ in Graz illustrieren diese Entwicklung. Die Österreicher hat dabei schon lange ein besonderes Maß an Nationalstolz ausgezeichnet. Bei einer internationalen Umfrage im Jahr 2003 belegte unser Land diesbezüglich den vierten Platz hinter Venezuela, den USA und Australien – weit vor allen anderen europäischen Ländern. Doch auch in Deutschland, das damals noch auf dem vorletzten Platz rangierte, haben sich die Dinge seither gewandelt, wie nicht zuletzt das früher undenkbare schwarz-rot-goldene Fahnenmeer bei diversen Sportveranstaltungen belegt. Studien über den Patriotismus respektive Nationalstolz der Deutschen wurden in den letzten zehn Jahren jedoch nicht mehr erhoben bzw. veröffentlicht!
Eine andere internationale Studie aus dem Jahr 2017, durchgeführt vom Pew Research Center, hat ergeben, daß mehr als 86 % der Franzosen, Italiener, Briten, Polen, Griechen und Ungarn es für sehr bzw. ziemlich wichtig halten, daß Zuwanderer die nationalen Sitten und Gebräuche teilen. In Holland finden dies 83 % der Einheimischen, in Spanien 77 % und in Deutschland 73 %. Abgeschlagen ist hier nur Schweden mit einer Zustimmungsrate von immerhin noch 64 %. Österreich fehlt in dieser Statistik, doch bekennen in allen Umfragen stabil 80 % und mehr der Österreicher Stolz auf ihr Land und ihre Identität, was nach wie vor einen europäischen Spitzenwert darstellt.
Erst zwei Jahre alt ist eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Allensbach, die die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ veröffentlicht hat. Sie widerlegt eindeutig die Grunderwartung der Linken, daß die Verbindung von nationaler Identität mit kultureller, religiöser und ethnischer Homogenität vor allem die Sichtweise der älteren Generationen und für die Jüngeren nicht mehr maßgeblich sei. Im Gegenteil: Im Jahr 2000 vertraten nur 61 % die Auffassung, daß Ausländer, die in Deutschland leben, sich auch an der deutschen Kultur orientieren sollten, während es 2016 bereits 76 % waren. 53 % fürchten mittlerweile um den Verlust der nationalen Identität, wenn sich die Zuwanderung fortsetzt; immer noch über 30 % tun dies nicht. Ein Türke, der in Deutschland geboren und aufgewachsen ist, wird von 36 % der Deutschen eher als Deutscher und von 31 % nach wie vor eher als Türke gesehen, ein Drittel der Befragten konnte sich für keine der beiden Antworten entscheiden. Unabhängig vom Alter sagen 49 % der Bundesbürger, daß der Reisepaß allein nicht aussagekräftig sei und Deutscher zu sein auch mit Herkunft und Tradition zu tun habe. Nur 39 % sehen in jedem Paßbesitzer, der das Grundgesetz respektiert, auch einen Deutschen. Interessant wäre freilich eine Studie, die solche Haltungen nach Bundesländern differenziert.
So positiv diese Entwicklungen sind – dramatisch ist der Verfall historischen Bewußtseins, wofür in Österreich neben dem Einfluß des Staatsfunks auch die Schulreformen der rot-schwarzen Regierungen maßgeblich verantwortlich gemacht werden müssen. Eine Gallup-Umfrage von 2014 zeigt nämlich, daß sich der Stolz der Österreicher besonders auf die Natur, die Küche, die Sportler und die heute populären Künstler stützt. Andreas Hofer, Prinz Eugen und Erzherzog Johann geraten jedoch zunehmend in Vergessenheit: Nur mehr 21 % der Österreicher sind stolz auf die Geschichte des Landes – gegenüber 44 % im Jahre 1995!
Dieses Schwinden historischen Bewußtseins illustriert auch eine Sendereihe des ZDF aus den Jahren 2003–2008, in der mittels Zuschauerabstimmung Ranglisten erstellt wurden. So erreichte bei den Musikern Wolfgang Amadeus Mozart gerade noch Platz 3 hinter Herbert Grönemeyer und Udo Jürgens. Unter die besten zehn schaffte es sonst nur noch Ludwig van Beethoven neben sechs weiteren lebenden Interpreten. Die Rangliste der Lieblingsbücher führt „Der Herr der Ringe“ vor der Bibel an, es folgen aktuelle Bestseller meist angloamerikanischer Autoren. Echte Weltliteratur fehlt ebenso wie die deutschen Klassiker, von den es nur die „Buddenbrooks“ unter die ersten zehn geschafft haben. Die größten Deutschen sind nach der Zuschauerwertung von 2003: Konrad Adenauer, Martin Luther, Karl Marx, Sophie und Hans Scholl, Willy Brandt, Johann Sebastian Bach, Johann Wolfgang von Goethe, Johannes Gutenberg, Otto von Bismarck und Albert Einstein. Zu welchen Ergebnissen eine solche Sendung wohl heute käme?