Joachim Kardinal Meisner hat in einer Predigt zur Eröffnung des Kölner Diözesanmuseums davor gewarnt, daß eine Kultur, die den Gottesbezug verliert, Gefahr laufe zu entarten: „Dort, wo die Kultur vom Kultus, von der Gottesverehrung abgekoppelt wird, erstarrt der Kultus im Ritualismus und die Kultur entartet, sie verliert ihre Mitte.“
Das Wort von der „Entartung“, das der Bischof in den Mund genommen hatte, führte zu einem Mediengeheul sondergleichen. Sogar katholische Laienorganisationen warfen ihm vor, „keinerlei Zugang zu Kunst und Kultur“ zu besitzen, und der homosexuelle FDP-Chef Westerwelle meinte: „Wer so wenig von Kunst und Kultur versteht, sollte darüber nicht predigen.“ Kardinal Meisners Worte nannte er intolerant, ignorant und unwürdig. Besonders scharfe Worte kamen vom Zentralrat der Juden in Deutschland, dessen Generalsekretär Stephan Kramer Meisner einen „notorischen geistigen Brandstifter“ nannte. Dieser Ausfall war sogar einem Ralph Giordano zu viel, der zwar auch Meisners Aussagen als „verstörend“ bezeichnete, aber dennoch betonte, dieser habe sicher keinen positiven Bezug zum Nationalsozialismus herstellen wollen. Bei der Aussage des Generalsekretärs des Zentralrates der Juden in Deutschland war aber nicht nur der Ton bezeichnend, in dem dieser Vertreter einer kleinen religiösen Minderheit über einen katholischen Bischof sprechen zu können glaubte, der Vorgang offenbarte darüber hinaus Grundlegendes: Blicken wir in die Bibel, versteht sich das Volk der Juden als Gottesvolk, und alle seine Lebensäußerungen als auf Gott bezogen. Jüdische Kultur ohne Gottesbezug kann es nach diesem Selbstverständnis gar nicht geben. Der Abfall von Gott ist das schlimmste Vergehen, dessen ein Mensch schuldig werden kann. Hätte der Zentralrat also irgend etwas mit der jüdischen Religion der Bibel zu tun, er hätte die klaren Worte Kardinal Meisners freudig begrüßen müssen. Offenbar versteht sich der Zentralrat der Juden in Deutschland aber keineswegs als Vertretung einer Religionsgemeinschaft, sondern als etwas ganz anderes – und dies gilt es mit aller Deutlichkeit festzustellen.
Auch katholische Laienorganisationen müssen sich die Frage gefallen lassen, wie denn aus katholischer Sicht Kunst und Kultur ohne Gottesbezug überhaupt denkbar ist – Herrn Westerwelle wollen wir die intellektuelle Mühe der Beantwortung einer solchen Frage allerdings nicht zumuten.
Kardinal Meisner war schon kurz davor mit kritischen Worten zum neuen Südfenster des Kölner Doms aufgefallen, das von einem modernen Künstler gestaltet wurde, dessen Name hier gnädig verschwiegen sei: Beliebig und besser in eine Moschee passend sei das Fenster geworden. Die Antwort auf die Frage, warum die Kirche dieses Werk dann bezahlt, angenommen und in Zeiten leerer Kassen mit hohen Kosten verwirklicht hat, gab allerdings selbst Kardinal Meisner nicht.