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Der Appell von Blois

 
Von Wolfgang Dvorak-Stocker
 

„Eine Tatsache ist darum eine Tatsache, weil die Versuche sie zu leugnen an Tatsachen scheitern und nicht an der Möglichkeit, fünf Jahre für die Leugnung ins Gefängnis zu müssen.“

Im Oktober letzten Jahres verabschiedeten französische Historiker anläßlich einer Tagung den „Appell von Blois“, in dem es hieß: „In einem freien Staat ist es nicht die Aufgabe irgend einer politischen Autorität, zu definieren, was historische Wahrheit sei, geschweige denn darf sie die Freiheit des Historikers mittels Androhung von Strafsanktionen einschränken“. Dieser Appell, dem sich namhafte britische und italienische Historiker angeschlossen haben, hat bei uns wenig Resonanz gefunden. Am deutlichsten hat sich noch Arno Widmann in der linken „Frankfurter Rundschau“ gegen „Geschichtsgesetze“ ausgesprochen. Von ihm stammt auch das einleitende Zitat.

Europa ist in dieser Frage gespalten. 15 Staaten haben bisher insbesondere die Leugnung und Verharmlosung des Holocaust unter Strafe gestellt; in Frankreich genießen mittlerweile auch der Völkermord an den Armeniern und andere geschichtliche Untaten gesetzlichen Schutz. Nun wird eine europaweite Regelung angestrebt, die deutsche Justizministerin will gar die „Trivialisierung“ von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit mit bis zu drei Jahren Gefängnis ahnden – also wohl jede Kritik an der Massenzuwanderung unter Strafe stellen. Ganz anders in England. Als die BRD Ende letzten Jahres die Auslieferung des Holocaust-Leugners Dr. Frederick Töben forderte, traten die britischen Medien nahezu geschlossen für die Redefreiheit ein. Sogar der „Jewish Chronicle“ forderte, die britische Regierung solle auf Länder wie Deutschland und Österreich einwirken, die diesbezüglichen Maulkorb-Gesetze wieder abzuschaffen.

Das hat die Medien hierzulande nicht davon abgehalten, im Falle Bischof Williamsons die erneute Exkommunikation zu verlangen. Es ist schon grotesk: Was man der Kirche im Fall Galileis vorwirft, fordert man nun von ihr – die Verhängung von Kirchenstrafen für Aussagen, die mit dem Glauben absolut nichts zu tun haben, sondern sich rein auf die innerweltliche Wahrheitsfindung beschränken. Denn noch gibt es kein katholisches Dogma bezüglich des Holocaust. Man kann ihn leugnen, wie man auch die Auffassung vertreten kann, die Sonne drehe sich um die Erde – mit dem katholischen Glauben hat beides gleich viel, nämlich nichts, zu tun. Doch der Holocaust ist mittlerweile zu so etwas wie einer säkularen Religion geworden, was sogar schon die „Süddeutsche Zeitung“ feststellte (ausführlicher dazu der Beitrag von Dr. Sander auf S. 6–7).

Die Frage ist nun, ob sich die Katholische Kirche dieser Zivilreligion beugt und ihre Dogmen akzeptiert. Nicht nur Aussagen hiesiger Bischöfe, auch solche des Papstes und sogar der Piusbruderschaft deuten darauf hin. Glaubenstreue Kräfte, die sich dagegen wehren wie die Internetplattform „kreuz.net“ werden schnell mit dem Vorwurf des „Antisemitismus“ überzogen, unter den ja auch der ganze sog. „Revisionismus“ gestellt wird. Das ist freilich Unsinn, bestreiten doch die allermeisten Revisionisten weder Faktizität noch Unrechtmäßigkeit des Völkermordes an den Juden – nur die offiziellen Opferzahlen und bestimmte Tötungsmethoden werden bezweifelt. Die Frage, ob es ihm wirklich sine ira et studio um die bloße Wahrheit gegangen ist, muß sich jeder Revisionist freilich genauso gefallen lassen, wie sich jene Historiker, die die Opferzahlen der Bombardierung von Dresden bei gerade einem Zehntel der ursprünglich angenommenen ansiedeln, fragen lassen müssen, ob auch diese Zahlen tatsächlich rein nüchtern-wissenschaftlich gewonnen wurden, ohne daß andere Absichten im Hintergrund standen. Während also beim historischen Revisionismus – ob es nun um die Opfer von Dresden oder um die von Auschwitz geht – immer zu bewerten ist, ob es nicht doch um eine politisch motivierte Herunterrechnung von Opferzahlen ging, ist der Vorwurf des Antisemitismus gegenüber Publizisten wie den Autoren von kreuz.net von vornherein unsinnig, denen es nie um die Diskussion historischer Details ging, sondern ausschließlich darum, Opfer nicht nach ethnischen oder sonstigen Merkmalen zu kategorisieren, sondern prinzipiell gleich zu behandeln. Die Einrichtung eines „Sonderstatutes“ für jüdische Opfer kann dagegen nur (wie in der Glosse auf Seite 11 deutlich gemacht) fatale Folgen haben. Gerade weil sie das erkannt haben, treten verschiedene jüdische Persönlichkeiten so massiv gegen die Instrumentalisierung des Holocaust auf.

Sie alle, ob den orthodoxen Rabbiner Moishe Friedmann, den Sohn des Jahrhundert-Geigers Yehudi Menuhin, den weltbekannten israelischen Jazz-Trompeter Gilad Atzmon, oder den amerikanischen Historiker Norbert Finkelstein eint dabei die Frontstellung gegen den Zionismus, dem sie eine Instrumentalisierung der NS-Judenverfolgung zu politischen und finanziellen Zwecken vorwerfen.* Je erfolgreicher der Zionismus heute damit ist, um so mehr gefährdet er auf lange Sicht das Ziel, unter dem er ursprünglich angetreten war: den Juden die Möglichkeit zu geben, als Volk wie jedes andere auch, als Volk unter Völkern auf diesem Planeten zu leben.

 
* Einen diesbezüglichen aufschlußreichen Artikel aus NO 4/05 haben wir auf unserer Heimseite www.neue-ordnung.at ins Netz gestellt.

 
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