Der Vertriebenenpolitiker Dr. Paul Latussek wurde im Juni d. J. in einem neu aufgerollten Verfahren nun doch zu einer Geldstrafe von € 3.600,— wegen Volksverhetzung verurteilt. Im Jahre 2001 hatte er in einer Rede gesagt: „Die Lügen über Katyn und Jedwabne und die Aussagen über die Opfer von Auschwitz und anderes sind nicht mehr länger zu halten. In Auschwitz gab es offensichtlich keine sechs Millionen Opfer (richtigerweise hätte hier von vier Millionen Opfern gemäß den ursprünglich angebrachten Gedenktafeln die Rede sein müssen), sondern, wie ich in Polen erfahren habe, sind 930.000 nachgewiesen.“ Als „Verharmlosung“ wurden dem Redner die beiden unmittelbar darauffolgenden Sätze ausgelegt: „Dabei geht es nicht um die Relativierung des Verbrechens, sondern um die geschichtliche Wahrheit. Sie kennen meine Einstellung, daß jedes Opfer eines Verbrechens zuviel ist.“ Mit dieser Aussage, so die Auffassung des Gerichts, hätte Latussek seine wahren Absichten verschleiern wollen.
Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ hatte schon am 23. Dezember 2004 die Aufhebung des ursprünglichen Freispruches für Latussek durch den Bundesgerichtshof mit deutlicher Kritik bedacht: „Kann es in einem freiheitlichen Staat strafbar sein, eine Zahl der Opfer eines historischen Verbrechens öffentlich zu nennen, die zwar nicht der herrschenden politischen Lehre entspricht, aber womöglich dem Stand der Forschung nahekommt? Ist es eine Verharmlosung im Sinne des Tatbestandes der Volksverhetzung, wenn der ,Täter‘ hinzufügt, er wolle das Verbrechen nicht relativieren, jedes Opfer sei zuviel? Soll nun nach Ansicht des Bundesgerichts über die Zahl der Toten Beweis erhoben werden?“
In seiner Presseerklärung nach der nun erfolgten Verurteilung monierte Paul Latussek insbesondere, daß ihm gerade die Sätze, mit denen er seine prinzipielle Abscheu gegenüber jeder Mordtat und jedem Verbrechen einschließlich des Völkermords deutlich machen wollte, als „Verharmlosung“ ausgelegt wurden: „Damit hat die Willkür in der Rechtssprechung eine neue Dimension erreicht, da selbst die Distanzierung von Verbrechen jedem zur Last gelegt werden kann.“
Schon unmittelbar nach seiner Rede war Latussek in den Medien als Auschwitz-Leugner bezeichnet worden – was nachweisbar falsch ist. Umgehend wurde er auch als Vizepräsident des Bundes der Vertriebenen (satzungswidrig) amtsenthoben und ihm auch sein Lehrauftrag auf einer Technischen Universität entzogen (Berufsverbot?). Gleichzeitig blieben die Strafanzeigen unbeantwortet, die Latussek gegen den Spiegel-Redakteur Fritjof Meyer und die ehemalige Bundestagspräsidentin Rita Süßmuth einbracht – Meyer hatte in einer von Süßmuth herausgegebenen Zeitschrift die Zahl der Auschwitz-Toten noch deutlich niedriger angegeben als Latussek in seiner Rede.