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Bemerkungen zum Fall Gudenus

Von Achim Lang

Dem Bundesrat Gudenus sind weniger die von einem ORF-Team provozierten Äußerungen zum Thema Auschwitz vorzuwerfen als vielmehr sein Umgang mit diesem Thema seither, der in der Öffentlichkeit einen verheerenden Eindruck hinterlassen hat. Dabei müßten für alle, die sich wie Gudenus als „national“ verstehen, zwei wichtige Punkte klar sein:
-Gerade wer den Tschechen mit Recht vorwirft, gegenüber den deutschen Vertriebenen eine zynische Position einzunehmen, und genauso mit Recht die international noch ausstehende Anerkennung des Leidens und der Würde der deutschen Opfer des letzten großen Krieges reklamiert, darf mit keinem Halbsatz und keiner unscharfen Formulierung an der Würde der jüdischen Opfer kratzen.
-Gerade die Nationalen, die stolz sind auf die Dichter, Komponisten und Philosophen, die bedeutenden Baumeister und großen Kaiser der Vergangenheit; gerade die Nationalen, denen die Geschichte ihres deutschen Volkes Erbe und Auftrag ist, können sich auch den dunklen Seiten dieser Geschichte nicht verschließen, sondern müssen sie ebenso als Erbe und Auftrag verstehen. Absurd hingegen ist die Position der Linken, die sich selbst gar nicht als Glied eines Volkes begreifen möchten, ja nationale Zugehörigkeiten für obsolet erachten, und dennoch die Deutschen kollektiv in der Schuld für Auschwitz halten wollen.
Nur wenn diese beiden Punkte absolut klargestellt sind und jeder falsche Zungenschlag vermieden wird, können mit Fug und Recht auch von nationaler Seite einige wesentliche Fragen gestellt werden:
-Ist es tatsächlich sinnvoll, geschichtliche Ereignisse als „gerichtsnotorisch bekannt“ unter den Schutz des Strafgesetzes zu stellen? Wir haben in der „Neuen Ordnung“, Ausgabe 3/02, bereits den Fall der Opferzahlen von Auschwitz behandelt: Lange Zeit galt eine Zahl von 4 Millionen Opfern als gesichert und deutsche Staatsbürger wurden juristisch verfolgt, weil sie behaupteten, daß die Kapazität der Krematorien für eine solche Opferzahl niemals ausgereicht hätte. Nun lautet die offizielle Zahl 1,5 Millionen Opfer, während in einer von Rita Süssmuth herausgegebenen Zeitschrift sogar von „nur“ rund 500.000 Opfern die Rede war. Kein Wunder, wenn sich in der Folge viele Bürger fragen, wie seriös die Holocaust-Forschung war, wenn sie jahrzehntelang eine so eklatant falsche Zahl nicht korrigieren konnte, und wenn darüber hinaus die Frage gestellt wird, ob nicht die Zukunft vielleicht noch die Revision anderer, heute als gesichert geltender historischer Tatsachen bringen wird.
-Befördert nicht gerade die strafgesetzliche Schutzbewährung erst recht Zweifel und Verschwörungstheorien? Hier ist die menschliche Psychologie zu bedenken. Würden die USA Publikationen, die die NASA-Mondlandungen als Schwindel abtun, wegen „Verletzung der nationalen Ehre“ mit Geldstrafen belegen, würde dies gewaltigen Aufwind für sämtliche diesbezügliche Verschwörungstheorien bedeuten, da ein solches Gesetz viele erst recht davon überzeugen würde, daß an den Zweifeln etwas dran sein müsse.
-Wäre es nicht hingegen sinnvoll, nur Verhetzung, und diese dafür konsequent unter Strafe zu stellen? Wer die Ermordungen von Menschen aufgrund ihrer bloßen Zugehörigkeit zu einem Volk rechtfertigt, gutheißt oder gar als sinnvoll propagiert, muß bestraft werden – und zwar hart. Kein Unterschied darf jedoch gemacht werden, ob von Juden, Armeniern oder Deutschen die Rede ist. Es ist eine unerträgliche Heuchelei wenn einerseits und mit Recht die Würde jüdischer Opfer vom Gesetzgeber geschützt wird, andererseits die Verächtlichmachung deutscher Opfer von Vertreibungsverbrechen oder des kriegsrechtswidrigen Bombenkriegs anstandslos zugelassen wird.
-Ist es tatsächlich Verharmlosung des Genozids, wenn Historiker einmal feststellen sollten, daß die Zahl der von den Nationalsozialisten Getöteten nicht ganz so hoch ist wie bisher angenommen? Heute kann es strafrechtliche Folgen haben, derartige Überlegungen anzustellen. Doch jenen Historikern, die meinen, in Dresden seien nicht wie bisher angenommen 250.000 sondern nur 25.000 Menschen ums Leben gekommen, wirft auch niemand Verharmlosung eines Kriegsverbrechens vor. Das wäre nur der Fall, wenn ihre Forschung politischen Wünschbarkeiten gehorchte und nicht seriös, faktenorientiert und sine ira et studio erfolgte. Diese Grundsätze müssen selbstverständlich auch für die Holocaust-Forschung gelten und für jeden, der meint, neue Ergebnisse vorlegen zu können. Dann aber dürfte daran nichts ausgesetzt werden. So hat auch ein orthodoxe Jude im Zuge der Gudenus-Affäre einen offenen Brief an den Bundespräsidenten gesandt, in dem er erklärte, er, der Anverwandte im Holocaust verloren habe, wäre dankbar dafür, wenn Historiker tatsächlich erweisen könnten, daß weniger Juden als bisher angenommen im Dritten Reich ums Leben kamen.
-Ist der Umgang mit der NS-Judenverfolgung heute noch angemessen, dominieren nicht wirtschaftliche und politische Interessen allzustark? Jüdische Kritiker wie Norman Finkelstein haben auf die „Holocaust-Industrie“ hingewiesen, die aus dem Leiden des jüdischen Volkes Kapital schlägt. Norman Finkelstein zog auch in Zweifel, ob es heute überhaupt noch so viele Holocaust-Überlebende geben kann, da, wenn man die Zahlen anhand der natürlichen Sterblichkeit hochrechnet, für das Jahr 1945 derartig viele Holocaust-Überlebende herauskämen, daß sich die Frage stellt, wieviele Juden dann überhaupt noch im Dritten Reich ermordet worden sein können. An dieser Stelle muß auf die zahlreichen Schwindler verwiesen werden, die diesbezüglich schon entlarvt wurden, wie Benjamin Wilkomirski („Neue Ordnung“, 1/02) oder den jüngst in Spanien bekannt gewordenen Fall, der sogar den Vorsitzenden eines Opferverbandes betraf, der tatsächlich nie im KZ gewesen war.
All diese Fälle haben gerade jüdische Kritiker so empört, daß sie vom „Shoa-Business“ zu sprechen begonnen haben. Diese Juden suchen Verbündete, doch sind sie aus historischen Gründen gegenüber dem nationalen Lager immer noch voller Skepsis, nur wenige kennen keine Berührungsängste. Daher ist es umso wichtiger, daß Rechte ohne Augenzwinkern, ohne schiefe Formulierungen und falschen Zungenschlag das Leiden des jüdischen Volkes anerkennen und trotzdem die genannten kritischen Fragen stellen. So könnte der Gordische Knoten zerschlagen werden, nämlich die Instrumentalisierung der Shoah durch die politische Linke.

Die Instrumentalisierung der Shoa durch die Linke

Schon jetzt stößt es vielen sensiblen und nachdenklichen Juden sauer auf, wenn aus dem unseligen „Juda verrecke!“ von gestern ein ebenso perfides „Deutschland verrecke!“ von heute abgeleitet wird. Die extreme Linke ist nämlich jederzeit bereit, einen Völkermord zu bejubeln, entweder weil sie ihn selbst begangen hat (Stalin) oder weil sie ihn für ihre Zwecke auszuschlachten weiß (Hitler). Die Kritik an der „Holocaust-Industrie“ liegt jedoch ebenso auf der Hand wie die an der linken Instrumentalisierung der nationalsozialistischen Judenverfolgung. Daß dieser Standpunkt Terrain gewinnt, ist nicht nur im deutschen Interesse wie im österreichischen, sondern auch in dem des jüdischen Volkes. Zwar sind die jüdischen Kritiker dieses Zustandes heute noch ebenso rar wie die deutschen – gemeinsam aber könnten sie etwas bewegen. Genau davor hat die Linke Angst. Nicht, weil ihr am Schicksal der Juden irgendetwas gelegen ist, sondern vielmehr, weil ihr so das wichtigste, vielleicht das einzige wirksame Argument „gegen rechts“ abhanden zu kommen droht. Die mit Schaum vor dem Mund betriebene Gleichsetzung von rechts mit rassistisch, antisemitsch, neonazistisch wurde in den letzten Jahren in Deutschland ja nicht propagiert, weil es eine derartige Gefahr gegeben hätte, sondern weil die politische Rechte zunehmend mehr Resonanz für ihre Positionen finden konnte.
Auch wenn die hier beschriebenen Konflikte politisch nur eine Nebenfront darstellen, können sie dennoch ausschlaggebend für den zukünftigen Erfolg der politischen Rechten sein.
Dazu muß man sich dem Thema aber mit größerer Sensibilität nähern, als es John Graf Gudenus bisher getan hat, und daher scheint es auch dringend geboten, daß er selbst diesbezüglich mit klaren Worten Stellung nimmt.

 
Neue Ordnung, ARES Verlag, A-8010 Graz, EMail: neue-ordnung@ares-verlag.com