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Die ewige Aufgabe der Kirche

Von Pater Michael Weigl

Kann Wahrheit geschichtlich sein?

In dem Artikel „Die Aufgabe der Kirche in der Welt von heute – Die Lehre vom ‚Ewigen Menschen‘ und die ‚Nouvelle théologie‘“ nahm Friedrich Romig zur Öffnung einer „neu zu definierenden Rolle der Kirche“, im Hintergrund der den aktuellen Autoritäten in Rom kritisch gegenüberstehenden Haltung der Priesterbruderschaft St. Pius X., Stellung. Konnten diese Ausführungen bestätigen, daß keinerlei Bruch zur Tradition stattfand, oder belegte der Verfasser damit vielmehr die konstruktiv kritische Haltung der genannten Priesterbruderschaft St. Pius X.?

Wissenschaftliche Arbeit hat zwei Merkmale, welche nicht immer zusammen auftreten müssen. Das eine ist die Methode der Darlegung, die korrekt und nachvollziehbar Standpunkte oder wissenschaftliche Ergebnisse belegt. Das andere, langfristig Entscheidende an wissenschaftlichen Arbeiten ist ein Erkenntnisfortschritt, durch den die Wirklichkeit unter einem besonderen Aspekt neu erfaßt bzw. Zusammenhänge infolge neuer Erkenntnis dargestellt werden. Es ist nun durchaus möglich und legitim, daß ein Erkenntnisfortschritt erstmals mehr intuitiv – oder wissenschaftlich gesprochen induktiv – dargelegt und erst in der Folgezeit deduktiv und exakt belegt, „streng bewiesen“ wird. Aber es gibt auch den Fall einer methodologisch einwandfreien Arbeit, welche in ihrem wissenschaftlichen Ergebnis hinter dem eigentlich angestrebten Erkenntnisfortschritt zurückbleibt, weil die systematische Einordnung und Bewertung des Gegenstandes mehr oder weniger auf der Strecke bleibt. Was gilt nun in der Auseinandersetzung um die Entwicklung und neu zu definierende Rolle der (katholischen) Kirche? Außer Streit steht in dieser Frage die historisch nachweisbare Tatsache der Offenbarung durch unseren Herrn Jesus Christus und die göttliche Einsetzung Seiner Kirche. Weiter wäre das Lehramt der Kirche zu nennen1 und der Primat des Papstes. Die Gretchenfrage wird nun vom Autor selbst gestellt, nämlich, inwieweit sich das Lehramt der Kirche in einem Konzil mit dem Papst oder durch den Papst allein entwickeln kann, und positiv beantwortet, was er mit der „geistigen Verwandtschaft …die zwischen der ‚Integralen Tradition‘ und der ‚Nouvelle théologie‘ besteht“, begründet. Damit ist ebenso der grundsätzliche Zusammenhangvon philosophischer Denkweise und Weltsicht mit der theologischen Interpretation der Offenbarung richtig angeführt. Die Theologie hat ja ein in der gesamten Wissenschaft einmaliges Objekt, nämlich die Glaubensgeheimnisse, und damit auch eine besondere Methode, ist deshalb aber nicht vom prinzipiellen Anspruch der Wissenschaftlichkeit in der exakten Beschreibung der Fakten und einer logischen Schlußfolgerung enthoben. Wenn gerade die Tatsache der Offenbarung hier nicht weiter erörtert zu werden braucht, muß trotzdem festgehalten werden, daß deren legitime Interpretation gerade nicht jedermann freisteht, sondern mittels des Lehramtes erfolgt. Grenzen des Lehramtes Es gibt aber nun Fakten der Kirchengeschichte, welche belegen, daß es auch in der Ausübung der kirchlichen Autoritä und des Lehramtes Stellungnahmen und Äußerungen gegeben hat, welche korrigiert werden mußten.2 Papst Liberius (352–366) hatte im Jahre 357 den Semiarianismus unterstützt und den stets rechtgläubigen hl. Athanasius exkommuniziert.3 Trotzdem wird er, anders als das folgende Beispiel, von anderen Nachfolgern Petri ohne disqualifizierende Äußerungen erwähnt. Leo II. (682–683) hat in seinem Brief „Regi regum“ Papst Honorius I. (625– 638) bezüglich seiner Haltung zu den Monotheleten mit dem Anathema belegt und als einen Mann qualifiziert, der „zuließ, daß die unbefleckte [Kirche] durch unheiligen Verrat befleckt wurde“.4 Auch wenn unter den Theologen die Gültigkeit der Taufe „im Namen Jesu“ nach Apg 2,38 und 19,5 – welche Nikolaus I. (858–867) erwähnt5 – wegen des direkten Auftrages Christi in Mt 28,19 umstritten ist, hat die Kirche letztlich mit Eugen IV. (1431–1447) entschieden, daß die Taufe jetzt nur noch unter Anrufung der Namen der Heiligsten Dreifaltigkeit gültig ist.6 Besonderes Interesse verdient die wenig bekannte Bulle „Etsi non dubitemus“ von Papst Eugen IV. mit der Verurteilung der Basler Interpretation des Konzils von Konstanz, in welcher der Papst in bezug auf den Primat das „Traditionskriterium“ fordert. Damit ist die Tradition der Maßstab des lebendigen Lehramtes, 7 und alle Dekrete der Kirche sind im Lichte der Tradition zu beurteilen und zu bewerten. Deshalb ist also die Autorität, welche immer es sei, der Wahrhaftigkeit der Lehre, die an der traditionellen Auslegung der Offenbarung beurteilt und gewogen wird, verpflichtet.8 Schließlich hat Papst Pius VI. (1775– 1799) in der Konstitution „Auctorem fidei“9 die Irrlehren der Synode von Pistoia verurteilt. Dazu schreibt er im Vorwort,10 daß „wegen der durch die geringste Hinzufügung oder Veränderung entstellten Wahrheit eines Lehrsatzes sich das Bekenntnis, welches das Heil wirkt, durch irgendeine subtile Sinnverletzung zum Tode wende“. Weiter, daß, selbst wenn an anderen Stellen unklare Ausdrücke exakt erläutert sind, die Gefahr des Irrtums besteht, da nicht jeder alle anderen „notwendigen“ Stellen präsent haben kann, um dem Irrtum zu entgehen. In der Erklärung der Bischöfe Deutschlands 1875, also im Kulturkampf, werden die Grenzen selbst des Primates, wie sie im Lichte des 1. Vatikanischen Konzils zu sehen sind, ganz klar beschrieben.11 Bedeutend ist ebenfalls die Entscheidung über die Materie des Sakramentes der Priesterweihe. Der schon erwähnte Papst Eugen IV. nannte dafür zu Unrecht die Übergabe der kirchlichen Geräte zum Meßopfer als notwendig, aber entscheidend ist die Handauflegung.12 Dazu gibt es eine Arbeit von Van Rossum, der in diesem Zusammenhang ganz klar darlegt, daß das ordentliche Lehramt fehlen kann und auf angemessene Weise auch zur Korrektur aufzurufen ist.13 Van Rossum bekleidete auch unter dem hl. Pius X. bedeutende Ämter. 14 Zusammenfassend ergibt sich also der Befund, daß alleine der Gebrauch der Autorität nicht genügt, um eine Lehrmeinung als katholisch abzusichern, sondern auch die inhaltliche Fortsetzung der Tradition15 und des „Verständnisses der Väter“ erforderlich ist. Nichts anderes hat Erzbischof Lefebvre gemeint, als er, damals noch bezüglich Papst Paul VI., sagte: „Man sagt uns: ‚Sie richten den Papst!‘ Aber wo ist der Prüfstein der Wahrheit? Exzellenz Benelli hat mir ins Gesicht gesagt: ‚Nicht Sie sind es, der die Wahrheit macht.‘ Natürlich bin nicht ich derjenige, der die Wahrheit macht, aber der Papst genauso wenig. Unser Herr Jesus Christus ist die Wahrheit, und daher müssen wir uns an das halten, was unser Herr Jesus Christus uns gelehrt hat, an das, was die Kirchenväter und die ganze Kirche uns gelehrt haben, um zu wissen, wo die Wahrheit ist. Nicht ich richte den Heiligen Vater, die Überlieferung richtet ihn“.16

Allerlösungslehre

Romig schreibt – wie schon eingangs zitiert – über den jetzigen Papst: „Von Karol Wojtyla, dem späteren Papst Johannes Paul II., wurde diese Aufnahme [der Nouvelle théologie] nicht nur in bewundernswerter Weise zu einer einzigartigen, von sonst keinem Bischof oder berufenen Hirten geleisteten theologischen Gesamtschau verarbeitet, systematisch zusammengefaßt und vertieft, sondern nach Antritt seines Pontifikats in symbolischen Vollzügen von außerordentlicher Tragweite auch verwirklicht“.17 Schon sprachlich zeichnet sich im Namen „Neue Theologie“ eine Distanz vom „anvertrauten (Glaubens-)Gut“ ab. Diese Distanz erscheint zunehmend als Gegensatz, wenn man dem Umgang des Papstes mit der Heiligen Schrift bei seinen „Lieblingsthemen“, wie z.B. der Allerlösung, auf den Zahn fühlt. Würde diese Allerlösung, heute als sakrosankt betrachtet, widerlegt werden, fallen damit auch die Anerkennung anderer Religionen und der Anthropozentrismus.
So schrieb er in seinem Brief an die Familien vom 2. Februar 1994: „Die Liebe, mit der Christus jeden einzelnen und alle ‚bis zur Vollendung geliebt hat? (Joh 13,1), ermöglicht es, diese Botschaft an jede Familie als Lebens-‚Zelle‘ der großen, universalen Menschheits-‚Familie‘ zu richten“.18 Schlägt man nun diese Stelle im Evangelium nach, so befindet man sich im Kontext der Fußwaschung – an der lediglich die Apostel teilnahmen – und er zeigte deshalb nur „den Seinen(!!), die er in dieser Welt liebte, die Liebe bis zur Vollendung“. Es wird also ein Textausschnitt in einen völlig entstellenden Zusammenhang gebracht.
Eine gänzliche Kontradiktion zur Auffassung der Heiligen Schrift und der gesamten Tradition stellt die „Privatmeinung“ Johannes Pauls II. zum Seelenheil des Judas Iskariot dar. „Obwohl er von Judas, dem Verräter, sagt: ‚Für ihn wäre es besser, wenn er nie geboren wäre‘ (Mt 26,24), darf diese Erklärung mit Sicherheit nicht im Sinne der ewigen Verdammnis aufgefaßt werden“.19 Wer noch dazu die Qualifizierung dieses Judas als „Sohn des Verderbens“20 durch Jesus Christus selber kennt, kann nur nüchtern feststellen, daß es sich offensichtlich um einen Versuch handelt, Gott selbst in seiner Offenbarung zu korrigieren, weit ab also von der Sorge um die Bewahrung des oben beschriebenen „anvertrauten Gutes“.21

Geschichtlichkeit der Wahrheit?

Die von Romig im Kontext der Nouvelle Théologie gut dargestellte Allerlösung entspricht damit keiner legitimen theologischen Entwicklung der Offenbarungswahrheit. Als Rettungsanker verbliebe damit nur die These von der Geschichtlichkeit der Wahrheit. Aber auch hier braucht man keine „aristotelisch-thomistische Engführung der Theologie“ aufbrechen,22 sondern nur die Antwort eines Fachmannes für Fichte, nämlich Reinhard Lauth, vor Augen haben: „Mit dem ständigen Aufruf zu einem ‚neuen Verständnis‘ bzw. ‚neuen Denken‘ dessen, was bisher als wahr galt, wird die natürliche Hinwendung des Menschen zur Erkenntnis fahrlässig oder böswillig erschüttert. Die perverse Wortverbindung ‚neues Denken‘ soll das Denken, das niemals neu, sondern immer nur wahr oder falsch sein kann, von der Idee der Erkenntnis abziehen und auf den Weg uferlosen Meinens lenken. Wer ‚neu denken‘ oder ‚neu verstehen‘ kann, der hat gewiß noch nie gedacht oder verstanden. Er schreitet nur in einem Meinen fort, das er sich generalisiert denkt oder wünscht. Diese Generalisation ist die Zerstörung jeglicher Erkenntnis. Ein Aufgeben der Erkenntnis aber bedeutet auch ein Aufgeben verantwortbaren Handelns; es bedeutet den geistigen und physischen Tod der Menschheit“.23
Walter Heinrich, Othmar Spann, Leopold Ziegler und Edgar Julius Jung haben als Philosophen ihre Bedeutung und verdienen Interesse. Die Neue Theologie von Johannes Paul II. ist dagegen eine Bestätigung, daß das wohl auf Petrus Damiani (1007–1072) zurückgehende Diktum „philosophia est ancilla theologiae – Die Philosophie ist eine Dienerin der Theologie“24 pervers angewendet wurde, indem nach einer verständlichen philosophischen Überlegung die Offenbarungswahrheit „in bewundernswerter Weise“ und „einzigartig“ zurechtgebogen wurde, um „ein neues Zeitalter mit einer neu zu definierenden Rolle der Kirche“ aufzustoßen. Der methodologisch ordentliche Artikel Romigs25 kommt aber an den Erkenntnisfortschritt angesichts dieser Situation, den Erzbischof Lefebvre, intuitiv-induktiv bereits beginnend bei Papst Paul VI., darlegte, nicht heran, indem letzterer sagte: „Wir haben zwar den Weg des scheinbaren Ungehorsams gewählt, aber nur deshalb, um so in Wahrheit den Weg des wirklichen Gehorsams zu gehen. … Denn man kann nicht sagen, man gehorche heute der Autorität, wenn man gleichzeitig der ganzen Tradition den Gehorsam verweigert“.26 Der Nouvelle théologie nicht nur theoretisch, sondern auch praktisch durch die Gründung der Priesterbruderschaft St. Pius X. kritisch entgegenzutreten, was gerade dem Zeitgeist widersprach, war und ist ein Dienst an der Wahrheit und an der ewigen Sendung der Kirche.
Für Erzbischof Lefebvre kann man daher durchaus einen Spruch von Balthasar Gracián überlegen: „Die außerordentlich seltenen Menschen hängen von der Zeit ab. Nicht alle haben die gefunden, deren sie würdig waren, und viele fanden sie zwar, konnten aber doch nicht dahin gelangen, sie zu nutzen. Einige waren eines besseren Jahrhunderts wert, denn nicht immer triumphiert jedes Gute. Die Dinge haben Periode, und sogar die höchsten Eigenschaften sind der Mode unterworfen. Der Weise hat jedoch einen Vorteil, den, daß er unsterblich ist: ist dieses nicht sein Jahrhundert, so werden viele andere es sein“.27 

Anmerkungen

1 Jüngst bestätigt in der von KATH.NET veröffentlichten Stellungnahme der Glaubenskongregation von Card. Ratzinger vom 21. Dezember 2002 zur „Priesterinnenweihe„ in der es unter anderem heißt: „Sie [die oben namentlich genannten katholischen Frauen] leugnen formell und hartnäckig die Lehre, die von der Kirche immer gelehrt und gelebt und von Johannes Paul II. in endgültiger Weise vorgelegt wurde, daß nämlich ‚die Kirche keinerlei Vollmacht hat, Frauen die Priesterweihe zu spenden‘ (Apostolisches Schreiben Ordinatio sacerdotalis, Nr. 4)“. 
2 Bereits biblisch belegt ist das „factum Antiochenum“ bezüglich der Taufe bzw. Beschneidung der Heidenchristen: „Als aber Kefas nach Antiochien kam, widerstand ich ihm ins Angesicht, weil er im Unrecht war“ (Gal 2,11). 
3 Denzinger Hünermann (DH) 138–143
4 DH 563
5 Antworten „Ad consulta vestra“ an die Bulgaren, DH 646
6 Conc. Florentinum, „Decretum pro Armenis“, D 696
7 „Da diese Feinde sich aber mit der Autorität des Konstanzer Konzils brüsten, halten wir es für notwendig, auch in diesem Punkt ihre Bosheit aufzudecken. Wir hegen die Zuversicht, daß dies für niemanden zweifelhaft ist: Der Glaube der ganzen Kirche ist nur einer, und er kann und konnte sich niemals ändern. Wenn also das Dekret, das von den Vätern der Obödienz Johannes XXIII. in den Tagen des Konstanzer Schismas erlassen wurde, die Wahrheit enthalten soll, dann muß es mit dem Evangelium, den heiligen Lehren und mit den Konzilien übereinstimmen. Es muß von ihnen her verstanden werden und mit ihnen als seinem festen Fundament verbunden sein. Denn wenn es nicht mit der Sehweise der heiligen Väter und mit den kirchlichen Regeln und Definitionen übereinstimmt, kann die Wahrheit nicht hinter ihm stehen. … Dem Dekret muß also eine Interpretation gegeben werden, die entschieden mit dieser katholischen Wahrheit, wie sie seit Anbeginn der katholischen Religion bis auf unsere Zeit hin gepredigt worden ist, in Einklang steht. Wenn sich jemand also zu einer Auslegung verführen läßt, die mit dieser Wahrheit nicht im Einklang steht, wie die Basler in ihrer Gottlosigkeit zu tun trachten, dann muß man jegliche derartige Auffassung als falsch und der katholischen Wahrheit widerstrebend ansehen. Wo ließe sich ein so unbilliger Beurteiler finden, der nicht einsähe, daß alle, die solcherweise gesonnen sind, falsch und irrig denken, wo es doch unabweisbare Wahrheit ist, daß die übereinstimmende Lehre so vieler Väter, welche früher in der Kirche in Ansehen standen, nicht anders als wahr sein kann? Also muß jede Auslegung, welche dem Verständnis der Väter widerstreitet, falsch und abwegig sein“ (in: Dumeige - Bacht, Geschichte der Ökumenischen Konzilien, Bd. IX, Joseph Gill, Konstanz und Basel–Florenz, Mainz 1967, 430–432).  
8 1. Vatikanisches Konzil: Dogmatische Konstitution „Pastor aeternus“ über die Kirche Christi, 18. Juli 1870, DH 3070: „Den Nachfolgern des Petrus wurde der Heilige Geist nämlich nicht verheißen, damit sie durch seine Offenbarung eine neue Lehre ans Licht brächten, sondern damit sie mit seinem Beistand die durch die Apostel überlieferte Offenbarung bzw. die Hinterlassenschaft des Glaubens heilig bewahrten und getreu auslegten“.
9 Konstitution „Auctorem fidei“ an alle Gläubigen, 28. August 1794, DH 2600ff
10 deren Passagen nicht in DH wiedergegeben sind.
11 Antwort auf die Circular-Depesche des Reichskanzlers Bismarck über die Auslegung der Konstitution „Pastor aeternus“ des 1. Vatikanischen Konzils, Jan.–März 1875, DH 3112– 3117; zwei Passagen daraus seien zitiert: „Aber abgesehen hiervon kann die Bezeichnung eines absoluten Monarchen auch in Beziehung auf kirchliche Angelegenheiten auf den Papst nicht angewendet werden, weil derselbe unter dem göttlichen Rechte steht und an die von Christus für seine Kirche getroffenen Anordnungen gebunden ist. Er kann die der Kirche von ihrem göttlichen Stifter gegebene Verfassung nicht ändern wie der weltliche Gesetzgeber eine Staatsverfassung ändern kann. Die Kirchenverfassung beruht in allen wesentlichen Punkten auf göttlicher Anordnung und ist jeder menschlichen Willkür entzogen.“ DH 3114
„… es ist wahrlich nicht die katholische Kirche, in welcher der unsittliche und despotische Grundsatz, der Befehl des Oberen entbinde unbedingt von der eignen Verantwortlichkeit, Aufnahme gefunden hat.“ DH 3115
12 Pius XII., Apostolische Konstitution „Sacramentum ordinis“, 30. November 1947, DH 3858
13 „428.– Nihilominus, uti iam dictum est, absolute loquendo evenire potest, Deo ita permittente, ut in decretis ordinarii magisterii S. Sedes error irrepat. Ex hoc autem nullum sequitur inconveniens. Non pro Ecclesia, quum Christus ob sapientissimas rationes ita ordinarium magisterium instituerit, ipsique in ultimo quod de re ferret iudicio indeficienter adsistat. Non pro fidelibus, etiam doctis; nam licet aliquando accidere possit ut non statim tota inveniatur veritas, scientia tamen ac mentis accumen exercetur ac simulatur, christianae virtutes coluntur, et docili submissione innumeri evitantur errores, in quo mens humana propriis viribus relicta tam facile prolabitur. Rationi consentaneum non est timore possibilis alicuius erroris, vindicare licentiam immoderatam et nimia fidentia in certum periculum multorum ac gravissimorum errorum incurrere.
Quodsi itaque, impletis fideliter officiis expositis, nihilominus cum certitudine inveniatur, decretum aliquod magisterii ordinarii reformatione indigere, licitum omnino autque laudabile est debita cum reverentia, argumenta proferre in contrarium, et ab Ecclesia humiliter exspectare decreti recognitionem.“, G.M. Card. Van Rossum, De essentia sacramenti ordinis, Friburgi Brisgoviae, 1914, 174 sq.
14 „Nachdem er [der Redemptorist Rossum] 1895 nach Rom in das Generalat des Ordens berufen worden war, wurde er 1896 Konsultor des Heiligen Offiziums und 1904 Mitglied der Kommission für die Kodifizierung des Kirchenrechts; ab 1909 war er Generalkonsultor seines Ordens. Am 27. 11. 1911 berief Papst Pius X. ihn in das Kardinalskollegium. 1914 wurde er Präsident der Bibelkommission und 1915 Großpönitentiar. Im Jahre 1918 wurde ihm das Amt des Präfekten der Kongregation für die Ausbreitung des Glaubens übertragen, das er bis zu ­seinem Tod [30. 8. 1932] innehatte“ Bautz, ­Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon, Herz­berg 1994.
15 Schon Paulus sprach erstmals von „depositum fidei“, dem anvertrauten Glaubensgut: „Timotheus, bewahre das anvertraute Gut, halte dich fern von unheiligen, leeren Redereien und den Widersprüchen der fälschlich so genannten ‚Erkenntnis‘, zu der sich gewisse Leute bekennen, die den Weg des Glaubens verloren“ (1. Tim 6,20) und „Aus diesem Grund erleide ich auch dies, doch ich schäme mich nicht; denn ich weiß, wem ich vertraut habe, und bin überzeugt, daß er mächtig ist, mein anvertrautes Gut zu bewahren bis zu jenem Tag. Als Vorbild gesunder Lehren halte dich an das, was du von mir gehört hast, im Glauben und in der Liebe in Christus Jesus! Behüte das anvertraute kostbare Gut durch den Heiligen Geist, der in uns wohnt!“ (2. Tim 1,12–14). 
16 Erzbischof Lefebvre, Predigt am 29. August 1976 in Lille; in: Damit die Kirche fortbestehe, Stuttgart 1992, 183
17 NO, IV/02, 28
18 In der Herausgabe des Sekretariats der Deutschen Bischofskonferenz, 8
19 Johannes Paul II., Die Schwelle der Hoffnung überschreiten, Hamburg 1994, Kapitel 28: Gibt es das ewige Leben noch, 211; im italienischen Original heißt es allerdings: „nicht mit Sicherheit im Sinne der ewigen Verdammnis“ – siehe Kirchliche Umschau, Juni–Juli 2001, 11 –, doch bereits diese Formulierung widerspricht der Tradition.
20 Johannes 17,12 „Solange ich bei ihnen war, bewahrte ich sie in deinem Namen, den du mir gegeben hast, und ich behütete sie, und keiner von ihnen [im Kontext des hohepriesterlichen Gebets kann nur von den Aposteln die Rede sein] ging verloren als der Sohn des Verderbens, damit die Schrift erfüllt würde“. Auch wenn hier Judas Iskariot nicht namentlich genannt wird, kommt niemand anderer von den Aposteln dafür faktisch in Frage.
21 Leider kann man die Liste „mißbrauchter Zitate“ noch verlängern. Als Beispiele seien genannt: Johannes 17,21 in: Heinz-Lothar Barth, Keine Einheit ohne Wahrheit, Stuttgart 1997, 116–119;  und der Titusbrief 3,8 in: Heinz-Lothar Barth, Das christliche Abendland und die fremden Religionen, Stuttgart 1998, 123f.
22 NO, IV/02, 31
23 Reinhard Lauth, Die absolute Ungeschichtlichkeit der Wahrheit, 2. Aufl. München 2002, 45
Wer die folgenden drei Thesen: „Die Wahrheit ändert sich durch die Geschichte“, „Die Erkenntnis der Wahrheit wandelt sich durch die Geschichte“ und „Die Applikation der erkannten Wahrheit wandelt sich durch die Geschichte“ exakt widerlegt haben möchte, wird diesen Essay nicht vergessen.
24 Auch in „Fides et ratio“ Nr. 77 von Johannes Paul II. verwendet und einem Kirchenvater zugeschrieben.
25 U.a. könnte man z.B. dem für die Allerlösung verwendeten Zitat von Augustinus durchaus andere Stellen desselben entgegenhalten.
26 Monseigneur Marcel Lefebvre, Satans Meisterstück – Ecône angesichts der Verfolgung, Martigny 1978, 10. Ähnlich schon und noch prägnanter: „Darin besteht der größte Sieg Satans, daß er die Kirche durch den Gehorsam zerstört“, bei seiner Predigt in Lille am 29. August 1976; in: Damit die Kirche fortbestehe, Stuttgart 1992, 175
27 Balthasar Gracián SJ (1601–1658), Handorakel und Kunst der Weltklugheit, Stuttgart 1992, 9, Nr. 20

Pater Michael Weigl ist Distriktoberer der Priesterbruderschaft St. Pius X. für Österreich

 
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