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Burschenschaften im Visier

Von Claus-M. Wolfschlag

Ein Beispiel für Anprangerungsjournalismus

Die Burschenschaften rücken immer mehr ins Visier der antifaschistischen Blockwarte. Zur Zeit läuft eine heftige Kampagne gegen die Münchner Burschenschaft „Danubia“, bei der sich vor allem der Bayerische CSU-Innenminister Beckstein besonders engagiert, der ja auch das NPD-Verbotsverfahren initiiert hatte. Die CSU scheint sich zur Zeit als großer Kämpfer gegen „rechts“ hervortun zu wollen, damit Kanzlerkandidat Stoiber gleichzeitig – und von den Medien ungestraft – mit markig-rechten Worthülsen im Bundestagswahlkampf punkten kann. Ob diese Rechnung aufgeht, sei dahingestellt. So hat die „Süddeutsche“ zu Beginn des Jahres eine Kampagne gegen die angeblich „schwarz-braune“ Monatszeitschrift „Epoche“ losgetreten, ein in Wirklichkeit eher langweiliges, bieder-konservatives Blatt von betonter CSU-Ergebenheit. Gemäß ihrer Strategie hat dann die CSU klein beigegeben und sich von ihren treuen Dienern in der „Epoche“ flugs losgesagt.
Wie solche Medienkampagnen in Szene gesetzt werden, wie die inhaltliche Haltlosigkeit der Vorwürfe durch suggestive Schreibweise überdeckt wird, schildert an einem Einzelbeispiel der nachfolgende Beitrag.

Ein häufig zu beobachtendes Ergebnis der heutigen „antifaschistischen“ Praxis ist die Ablenkung von den realen gesellschaftlichen Machtverhältnissen und die Konzentration der Aufmerksamkeit auf politische Randphänomene, welche dämonisiert werden. Die Dämonisierung dient dabei einerseits zur Ausschaltung alternativer politischer Vorstellungen, die in Zukunft die Dominanz der gegenwärtig tonangebenden Schichten möglichenfalls einmal gefährden könnten. Zum anderen dient sie der Befriedigung von „Sex & Crime“ in unserer modernen, „multikulturell“ ausgerichteten Unterhaltungsgesellschaft. Statt bloß berechtigt strafrechtlich relevante Negativentwicklungen im Spektrum derartiger gesellschaftlicher Minderheiten aufzuzeigen, werden die Anprangerungskampagnen weit über den Rahmen des zur Erhaltung humaner Standards und der inneren Sicherheit Notwendigen gesteckt. Ein Beispiel ist der Bereich der Burschenschaften, der seit geraumer Zeit im Visier „antifaschistischer“ Forderungen nach staatlicher Überwachung und Repression steht.  Dies hat seinen Grund: Burschenschaften gelten gemeinhin als geistige Horte konservativen und deutschnationalen Gedankengutes. Sie werden deshalb als Dorn im Fleisch einer „multikulturell“ und linksliberal ausgerichteten politischen Mehrheitskultur wahrgenommen. Eine Mehrheitskultur, die die Tendenz aufweist, abweichende politische Auffassungen immer stärker zu marginalisieren und letztlich gänzlich aus dem öffentlichen Diskurs auszuschalten.
Eine der zahlreichen Journalisten, die sich dieser Form eines Kampagnen-Journalismus bedienen, ist die „Spiegel“-Autorin Conny Neumann. Neumann – hier nur exemplarisch für viele genannt – arbeitete vor ihrer Tätigkeit für den „Spiegel“ für die „Süddeutsche Zeitung“ und berichtete bereits am 4. und 7. April 1998 über „rechtsextreme“ Verbindungen des „Wiener Korporations-Rings“. Am 10. Mai 2000 erhielt Neumann im Rathaus der Stadt Frankfurt am Main zusammen mit zwei SZ-Kollegen den „Wächterpreis der Tagespresse“ verliehen. Der 1. Preis der Stiftung „Freiheit der Presse“ war mit 15.000 Mark dotiert. Über den CDU-Spendenskandal veröffentlichte Neumann ein Buch gemeinsam mit dem „Stern“-Journalisten Oliver Schröm, der Mitte der 90er Jahre zu den Hauptträgern einer Kampagne gegen „rechtsgerichtete“ Professoren gehörte.
Als Beispiel für die manipulativen Techniken des „antifaschistisch“ motivierten Anprangerungsjournalismus sei der Artikel „Ehre, Freiheit, Vaterland“ von Conny Neumann herangezogen, der in der „UniSpiegel“-Ausgabe 4/2001 und auf der Internet-Seite des Nachrichtenmagazins „Der Spiegel“ erschien.
Der Artikel beginnt mit der Behauptung „Erzkonservativ waren die meisten Burschenschaften schon immer – nun rutschen manche ins rechtsradikale Milieu ab und stehen unter Beobachtung des Verfassungsschutzes.“
Dann kommt es zur Beschreibung eines konkreten Falles: Ein Münchner Polizeihauptmeister hätte ungewöhnlichen Bildungseifer gezeigt. Im hohen Alter von 45 Jahren hätte sich „der Beamte aus der Polizeidirektion Verkehr“ zum Studium der Geschichte an der Münchner Universität eingeschrieben: „Der Spätstudent verfolgte mit der Immatrikulation allerdings nur ein einziges Ziel: Er wollte so die Möglichkeit haben, Mitglied der Burschenschaft ‚Danubia‘ zu werden.“
Seit Jahren hätte der Beamte seine Kollegen mit „rassistischen Haßtiraden auf ‚Nigger‘, ‚Zigeunerpack‘ und das demokratische ‚Scheiß-System‘ genervt“, schreibt Neumann. Mehrfach sei er deswegen zwangsversetzt worden, „ohne freilich den braunen Ton zu wechseln“.
Als Aufhänger schildert Neumann also die Geschichte eines angeblich rassistischen Polizisten, der nur deshalb an der Münchner Universität ein Studium angefangen hätte, um Mitglied der Burschenschaft „Danubia“, den „Ultras“ unter den konservativen Burschenschaften, zu werden. Offen bleibt dabei der Wahrheitsgehalt dieser Geschichte. Denn erstens bleibt der Name des Polizeihauptmeisters ungenannt, wie auch keiner der angeblich jahrelang mit rassistischen Sprüchen „genervten“ Kollegen des Polizisten namentlich genannt oder zitiert wird, was die ganze Geschichte unüberprüfbar werden läßt. Zudem fragt man sich, woher die Autorin diese eigentliche Motivation des Polizeihauptmeisters zur Aufnahme seines Studiums überhaupt kennt.
Auf diesen fragwürdigen Aufhänger folgt ein Absatz über die politische Verortung der „Danuben“. In diesem Zusammenhang wird ein wieder namentlich nicht genannter Sprecher des bayerischen Landesverfassungsamtes zitiert mit den Worten: „Rechtskonservativ zu sein, das Haar gescheitelt zu tragen, Traditionen und Umgangsformen, das ist wieder schick bei den jungen Intellektuellen.“ Außerdem werden Münchner Verfassungsschützer zitiert: „Die NPD sucht Ersatzstrukturen. Eine davon sind die Burschenschaften.“ Die Autorin stellt dabei verschwörungstheoretische Querverbindungen her, nennt zwei NPD-Mitglieder, die jeweils in einer Greifswalder und einer Gießener Burschenschaft Mitglied sind. Zudem arbeiteten „Teile der ‚Jenensia‘ in Jena“ mit dem verfassungsfeindlichen „Thüringer Heimatschutz“ zusammen. Dann wird der CSU-Innenminister Bayerns, Günther Beckstein, zitiert, der das „Treiben“ zweier bayerischer Burschenschaften als „besorgniserregend“ bezeichnete.
Fragwürdig scheinen dabei die Äußerungen der Verfassungsschützer, sofern diese denn von der Autorin richtig und nicht aus dem Zusammenhang gerissen wiedergegeben sind. Schließlich ist es weder verfassungswidrig, „rechtskonservativ“ zu sein, noch das Haar gescheitelt zu tragen sowie Traditionen und Umgangsformen zu wahren. Die Autorin versucht durch dieses Zitat also vor allem, das Bild des klassischen Burschenschafters als „anrüchig“ bzw. „politisch unkorrekt“ in ein negatives staatsfeindliches Licht zu stellen. Gleichzeitig erscheinen die „Beweise“ für die angedeutete Rolle von Burschenschaften als „Ersatzstruktur“ für NPD-Mitglieder mehr als dürftig. Außer zwei Personen, die zugleich NPD- und Burschenschaftsmitglieder sind (was übrigens nicht verboten ist), werden nur vage Andeutungen verlautbart, die aber dem Leser suggerieren sollen, daß es sich zwischen NPD und Burschenschaften um ein rechtsgerichtetes Verschwörungsnetzwerk handle. Zur Darlegung der Verfassungsfeindlichkeit der Hamburger „Germania“ wird von Neumann mangels besserer Quellen zudem aus dem acht Jahre alten (!) Hamburger Verfassungsschutzbericht von 1993 zitiert.
Neumanns Suggestiv-Journalismus wird bei ihrer Beschreibung des Burschenschaftermilieus weitergeführt. Zwar sei die „Danubia“ inzwischen „vorsichtiger“ geworden, „im Internet-Gästebuch gleichgesinnter Verbindungen aber grüßt man sich immer noch mit ‚Heil‘ und lädt zu einschlägigen Treffen mit rechten Referenten.“ Die „Danubia“ offenbare sich als Ort der „braunen Brüder“ und des versteckten Nationalsozialismus: „Besucher wollen in der Villa der Danubia Hitlers ‚Mein Kampf‘ und angedeutete Hakenkreuze gesehen haben. Aus der Danubia kam auch Hans-Ulrich Kopp, Mitbegründer des rechtsgerichteten Rep-Ablegers ‚Republikanischer Hochschulbund‘. Der Rep-Vorsitzende Rolf Schlierer gehörte der ‚Burschenschaftlichen Gemeinschaft‘ an, einem stramm rechten Kartell um die Münchner Danubia.“
Daß die „Danubia“ „vorsichtiger“ geworden sei, suggeriert, daß sie aus taktischen Gründen ihre wahre Richtung, nämlich eine „braune“, nicht öffentlich kundtue. Beweise hierfür werden wiederum nicht erbracht. Statt dessen wird das Internet-Gästebuch namentlich nicht erwähnter „gleichgesinnter Verbindungen“ (wer immer das sein soll) genannt, ebenso „einschlägige Treffen“ mit „rechten Referenten“, wiederum ohne Namens- und Veranstaltungsnennung.
Dann benutzt Neumann einen klassischen Trick des unseriösen Journalismus. Man erwähnt natürlich, ohne Namensnennung, „Besucher“ oder „Augenzeugen“, die dies oder jenes beobachtet haben wollen, was zumeist der Phantasie des Journalisten entsprungen ist, aber nur über den stilistischen Umweg meist erfundener „Informanten“ geschrieben werden darf, um negative presserechtliche Konsequenzen zu vermeiden. Spricht der Journalist nämlich durch den Mund jener – meist erfundenen – „Besucher“, so handelt es sich um eine juristisch irrelevante Meinungsäußerung. Würde er den „Augenzeugen“ weglassen, könnte er hinsichtlich einer falschen Tatsachenbehauptung belangt werden. Ein kleiner journalistischer Winkelzug, von dem der unbedarfte Leser derartiger Artikel in der Regel überhaupt nichts mitbekommt. Aber auch hier bleiben die Vorwürfe Neumanns mager und zielen nur darauf ab, die negative Phantasie der Leser anzuregen, Assoziationsketten aus unterbewußten Bildern zu erzeugen. Denn was „angedeutete Hakenkreuze“ sein sollen und wo sich diese befunden haben sollen (auf einem „Antifa“-Reader in einem Bücherregal, auf einer alten Fotografie…?), bleibt allein der Phantasie des Lesers überlassen, ebenso wo und in welchem Zusammenhang Hitlers „Mein Kampf“ gelegen haben soll, dessen Besitz nicht verboten, sondern als Quelle zu Forschungen über die NS-Herrschaft durchaus sinnvoll ist.
Durch den textlichen Zusammenhang zwischen den Worten „Hitler“, „Hakenkreuz“, „Hans-Ulrich Kopp“ und „Rep-Vorsitzender Rolf Schlierer“ wird aber eine ideologische Nähe letztgenannter Personen zum Nationalsozialismus suggeriert, ohne daß er expressis verbis ausgesprochen werden müßte.
Neumann versucht sich schließlich in Schwarzweißschemata, um die Burschenschafter in noch tolerierbare, unpolitische Vollzieher von „Saufritualen“ und inakzeptable Ideologen, deren „Gedankengut zu national“ sei, zu spalten. Wörtlich schreibt sie: „Die Universitäten tun sich allerdings schwer, zwischen guten und bösen Verbindungen zu unterscheiden.“
Am Ende ihres Artikels berichtet Neumann von zwei in den vergangenen Jahren in vollem Wichs im Main ertrunkenen Würzburger Burschenschaftern. Dabei bedient sie nach dem bereits geschilderten Muster wiederum geschickt die Sensationsgier und negative Phantasie der Leser: „Danach wurde viel gemunkelt über Mutproben und mörderische Aufnahmerituale, über Prügeleien mit Punks und rivalisierenden Korporationen. Doch die Kameraden aus den betroffenen Burschenschaften schwiegen eisern – treu bis in den Tod.“
In den Köpfen der Leser bleibt somit die negative Assoziationskette „Burschenschaft – Prügelei mit Punks – mörderisches Aufnahmeritual – Tod“, alles das „bestätigt“ von „munkelnden“ Informanten. Doch Enthüllungsjournalisten wie Conny Neumann gelingt es, das „eiserne Schweigen“ der „rechten“ Gesellschaft mutig zu durchbrechen.
Der hier beschriebene „UniSpiegel“-Artikel von Conny Neumann steht exemplarisch für viele „antifaschistisch“ motivierte Artikel in deutschen Massenblättern, wie „Der Spiegel“, „Stern“, die „Frankfurter Rundschau“ oder die „Süddeutsche Zeitung“. Es wird mit Assoziationstechniken und Suggestiv-Behauptungen gearbeitet, um negative Empfindungen, Aversionen und Berührungsscheu gegenüber den stigmatisierten „Rechten“ bei unkritischen Lesern zu erzeugen oder zu verfestigen. Mit seriöser Recherche-Arbeit und tiefgehender Auseinandersetzung mit politischen Phänomenen hat dies in der Regel nichts zu tun.



 
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