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Eine Zukunft für die Landwirtschaft

Von Wolfgang Dvorak-Stocker

Energieproduktion und alternative Anbaumethoden als Weg aus der Krise


Den Bauern in Europa geht es schlecht. Während die Kosten der Produktion zumindest nicht sinken, gehen die zu erzielenden Preise für die Endprodukte seit Jahren zurück. In Deutschland ist z.B. der Anteil der Aufwendungen eines Haushalts für Nahrungs- und Genußmittel von 18,5% im Jahr 1991 auf 15,6% im Jahr 2000 gesunken, Österreich liegt zur Zeit bei 16,2%. Gleichzeitig sind die Handelsspannen der Konzerne größer geworden. Die Bauern bekommen für ihre Erzeugnisse heuer generell weit weniger als vor zehn oder zwanzig Jahren.
Durch die seltsamen Mechanismen des „Weltmarktes“ können aber nirgendwo auf der Welt Landwirte mehr „kostendeckend“ produzieren. Allzu stark ist die Macht der Händler gestiegen, die einzelne Bauern und Nationen untereinander ausspielen und so die Einkaufspreise diktieren können. In dieser Situation haben nun die USA, sonst weltweit Vorreiter von freiem Handel und von Subventionsverboten, die Unterstützung für ihre krisengebeutelte Landwirtschaft um insgesamt 70% erhöht!

Wenn nicht einmal die amerikanischen Farmer mit ihren riesigen Flächen und billigsten Produktionsmethoden Gewinne einfahren können, wie dann die europäischen Landwirte, an die ganz andere Anforderungen im Hinblick auf Umwelt- und Tierschutz, Landschaftspflege und Baukultur gestellt werden. Und zugleich sind trotz „Überproduktion“ und Preisverfall auf dem „Weltmarkt“ Millionen Menschen in den „Entwicklungsländern“ immer noch nicht ausreichend versorgt!
Doch es gibt auch positive Entwicklungen, die einerseits die Landwirtschaft in den Ländern der Dritten Welt auf die erforderliche Leistungsfähigkeit heben, andererseits die Krise der europäischen und nordamerikanischen Bauern beenden könnten.

Ackerbau in Halbwüsten

Seit Jahrzehnten ist das Vordringen der Wüste in der sogenannten Sahel-Zone zu beobachten, wofür zwei Gründe genannt werden: Einerseits sind die Regenmengen in dieser Region Afrikas in den letzten Jahrzehnten deutlich zurückgegangen, andererseits nahm man an, daß das Bevölkerungswachstum zu verstärkter Bodennutzung führen würde und folglich zur Zerstörung der fragilen Pflanzendecke und letztlich zur Erosion. Doch in den letzten Jahren hat sich diese Entwicklung nahezu umgekehrt: Die Südverschiebung der Wüste hält in vielen Regionen nicht mehr an, teilweise dehnen sich grüne Flächen in besseren Jahren  sogar nach Norden aus.
Der Grund dafür ist gerade das starke Bevölkerungswachstum. Wie die Zeitschrift „New Scientist“ berichtet, sind nun genügend Arbeitskräfte vorhanden um intensiven Ackerbau zu betreiben. Die Lage der Bauern ist dabei noch immer schwer und durchaus vergleichbar mit der europäischer Kleinbauern in vergangenen Jahrhunderten: in Dürrejahren an der Hungergrenze oder schon darüber, in besseren Jahren aber erträglich bis gut. Im Norden Nigerias sind viele Bauern z.B. dazu übergegangen, die vorher frei weidenden Schafe in Gehegen zu halten und auf den Feldern zuerst Hülsenfrüchte anzubauen, die mittels ihrer Knöllchenbakterien Luftstickstoff binden und so zu einer Verbesserung der Bodenfruchtbarkeit beitragen. Im nächsten Anbaujahr ist dann die Aussaat von Hirse möglich. Die Schafe wiederum werden mit dem Stroh der Feldfrüchte gefüttert, ihre Exkremente dienen als Dünger. Dies hat in Summe zu einer Verbesserung der Ernährungssituation der Gesamtbevölkerung beigetragen. Im ebenfalls westafrikanischen Burkina Faso hat sich etwa die Bevölkerung in den letzten vierzig Jahren verdreifacht, die Nahrungsmittelproduktion pro Kopf ist aber noch stärker gewachsen und heute um 20% höher als 1970.
Ackerbau in Wüstengebieten möglich zu machen, dazu kann auch eine Entwicklung der Versuchsanstalt für Baustoffe und Silikattechnik in Wien beitragen. Ein silikatisches Pulver, vermischt mit einer Trägerschicht wie Sand, bindet Wasser und speichert Nährstoffe. Mit Einsatz dieses Pulvers können 80 % des Gießwassers gespart werden, zudem muß das Pulver nur am Anfang eingesetzt werden, da sich mit der Zeit eine Humusschicht bildet, wo vorher keine war. In Kenia und Senegal gibt es bereits Projekte, wo die örtliche Bevölkerung dieses im Prinzip einfache Verfahren mit großem Erfolg einsetzt. Am zweitheißesten Punkt der Erde, in Kenia, wachsen jetzt Melonen und Okraschoten in einem Gebiet, wo die Einheimischen zuvor noch niemals ein Gemüse gesehen haben.

Bio-Landwirtschaft auf Kuba

Daß biologische Landwirtschaft geringere Erträge bedeutet, ist ein Fehlschluß, der insbesondere auf die Entwicklungsländer nicht zutrifft, deren Bauern sich ohnedies die nötigen Mengen an Düngemittel und Pestiziden nicht leisten können. Bestes Beispiel ist Kuba: Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion blieben die Jahrzehnte lang bezahlten Subventionen aus. In der Folge konnten sich die kubanischen Bauern auch die teuren Mittel zur Schädlingsbekämpfung nicht mehr leisten. Heute werden zwei Drittel der Reisernte und mehr als die Hälfte des Gemüseanbaus in Kuba mit biologischen Methoden produziert – nach Erkenntnissen, die kubanische Wissenschaftler oft erst in letzten Jahren gewonnen haben. Zu gravierenden Produktionsausfällen ist es dabei nicht gekommen. Nach Zeitungsberichten konnten Biobauern in Madagaskar mit ihren Methoden die Reisernte gegenüber dem konventionellen Anbau sogar verdreifachen, in Brasilien die Maisernte verdoppeln. Und als in Indien ein Baumwoll-Schädling gegen die Pestizide immun zu werden begann, konnten Bauern durch die Pflanzung von Beikräutern, die die schädlichen Fliegen anzogen, die Produktionskosten um 30% senken und den Ertrag um 20% steigern.

Erneuerbare Energie

Auch hier zeichnen sich interessante Entwicklungen ab. Nach aktuellen Schätzungen der „Internationalen Energieagentur“ wird der weltweite Energieverbrauch in den nächsten 23 Jahren um 57% steigen, vor allem in den Entwicklungsländern, deren Bedarf durch Bevölkerungswachstum und wirtschaftliche Verbesserung besonders steigen wird. Doch Erdöl, Erdgas und Kohle reichen bei einem solch steigenden Bedarf in jedem Fall nur mehr für einige Jahrzehnte. Und sie reichern zudem die Atmosphäre mit Kohlendioxyd an, was den befürchteten und nach den Statistiken der über Unwetterschäden genau buchführenden Versicherungen bereits eingetretenen Klimawandel beschleunigt.
Anders ist es mit „nachhaltigen“ Energieträgern. Brennstoffen aus Biomasse wie Holz und Stroh haben im Laufe ihres Wachstums genau dieselbe Menge an Kohlendioxyd aufgenommen wie bei ihrer Verbrennung entsteht. Ob Holz im Walde langsam verrottet oder in einem Wärmekraftwerk der energetischen Verwertung zugeführt wird, ist für die Kohlendioxydbilanz gleichgültig. In jeder Hinsicht „treibhausneutral“ ist darüberhinaus freilich Wasser-, Wind- und Solarenergie – neben der freilich aus anderen Gründen verpönten Atomenergie.
Doch unter den geltenden Rahmenbedingungen scheint eine massive Anhebung des Anteils von „Biostrom“ nur mit massiven staatlichen Subventionen möglich. Die EU will z.B. den Anteil von erneuerbarer Energie von derzeit 5,6% bis 2010 auf 12% steigern, wozu schon jetzt in einem ersten Schritt  810 Mio. Euro zur Verfügung gestellt wurden. Der insgesamt nötige Subventionsbedarf liegt aber um ein vielfaches höher. Längerfristig rechnet er sich freilich: Nach einer Studie des internationalen Instituts für angewandte Systemanalyse in Laxenburg (IIASA) müßten sich die Investitionen in ein primär mit fossilen Rohstoffen gespeistes Energiesystem in den nächsten 80 Jahren verzwanzigfachen, während bei einem Schwergewicht auf erneuerbare Energie der Investitionsbedarf nur halb so hoch wäre. In den nächsten 30 Jahren gibt es allerdings keine wesentlichen Unterschiede in den Kosten zwischen beiden Strategien, was die Chancen für ein echtes Umdenken leider nicht gerade erhöht.
Doch viele Entwicklungsländer setzen bereits heute erfolgreich auf alternative Energielieferanten: Bei der Produktion von Zucker bleiben die fasrigen Anteile des Zuckerrohrs als Rückstand unverbraucht zurück. Heute wird durch Verbrennung dieser Rückstände meist die Energiemenge gewonnen, die zur Zuckergewinnung nötig ist. Doch nach einer Berechnung der UNO könnte mit einer effizienteren Verbrennung ein Fünftel des gesamten Energieverbrauchs der Zuckerrohr anbauenden Länder gewonnen werden. China könnte mit der energetischen Verwertung nur der Hälfte seiner Agrarabfälle den gesamten heutigen Strombedarf decken – doch sind auch die Nachteile dieses Szenarios nicht zu verschweigen: Eine unkontrollierte Nutzung auch der Pflanzenabfälle würde rasch zu einer Auslaugung des Bodens führen.

Biosprit

Besonders die südostasiatischen Staaten und Indien setzen auf Bioethanol aus Zuckerrohr und anderen pflanzlichen Rohstoffen als Ersatz-Autotreibstoff. China und Japan, die beide extrem abhängig von Rohölimporten aus dem Nahen Osten sind, gelten für diese Länder als Hoffnungsmarkt.
Brasilien deckt schon heute ein Drittel seines Treibstoffbedarfs durch Bioethanol, das in extra dafür konstruierten Automotoren verbrannt wird. In den USA und Japan sind 5–10% Beimischung von Ethanol zu herkömmlichem Treibstoff üblich.
Bescheiden vor diesem Hintergrund nimmt sich das Ziel der EU aus. Bis 2010 will sie den Anteil des Biosprits von derzeit 0,3% auf 5,75% erhöhen. Dies würde bedeuten, daß mehr als 7% der landwirtschaftlichen Nutzflächen der EU für die Biosprit-Produktion eingesetzt würden: Angesichts der riesigen agrarischen Flächen in den Beitrittsländern zur Europäischen Union scheint ein solcher Schritt nicht nur ökologisch sondern auch agrarpolitisch das absolute Mindestmaß zu sein.

 
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