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Seinesgleichen geschieht

 

Von Mag. Wolfgang Dvorak-Stocker

Die Ereignisse in der arabischen Welt führen einmal mehr vor Augen, wie manipulativ unsere Medien, allen voran der ORF, berichten. Was nicht ins gewünschte Bild paßt, fällt unter den Tisch.

So sind bzw waren Tunesiens Kleptokrat Ben Ali und Ägyptens „Pharao“ Mubarak seit Jahrzehnten treue Mitglieder der Sozialistischen Internationalen. Ist Bundeskanzler Faymann auch nur einmal nach seinen Genossen gefragt worden? Hat man je an SPÖ und SPD die Frage gerichtet, wie es mit dem Demokratieverständnis der SI bestellt ist und warum mit solchen Parteien eng zusammengearbeitet wurde?

Noch deutlicher wird es im Falle Libyen. Wie vielschichtig die Lage wirklich ist, bekam nur mit, wer die wirklich ausgewogene Berichterstattung des englischsprachigen Senders RT auf Kabel bzw im Internet (auch auf youtube) verfolgte oder die Artikel von linksgestrickten Globalisierungsgegnern las.

Hier soll nun keineswegs Ghaddafi die Mauer gemacht werden, der wohl für mehrere Terroranschläge in Europa letztverantwortlich war und erst durch das damals gerechtfertigte, einmalige Bombardement Reagans und massive Wirtschaftssanktionen zur Vernunft gebracht werden konnte. Seither arbeitete er allerdings bzgl der afrikanischen Migrationsströme gut mit Europa zusammen und erwirkte auch schon mal die Freilassung europäischer Geiseln von islamischen Rebellen in Asien.

Hier geht es nur darum, einige Fragen zu stellen, auf die ich vergeblich Antworten in den etablierten Medien gesucht habe:

  • Handelt es sich wirklich um einen Krieg Machthaber gegen Volk? Anfangs, als Teile von Ghaddafis Truppen und Ministern zu den Rebellen überliefen, sah es danach aus. Sein Sturz sei nur mehr eine Frage von Tagen hieß es, seine einzige Stütze wären eingeflogene schwarze Söldner. Davon hört man schon länger nichts mehr. Gaddafi scheint über eine solide Machtbasis zu verfügen.
  • Gleich zu Beginn der Kämpfe forderte Ghaddafi von den USA und der EU, Beobachter ins Land zu schicken, um sich selbst ein unbefangenes Bild der Lage machen zu können. In den Medien hieß es bald nur mehr, er habe einer solchen Mission zugestimmt – was doch etwas substantiell anderes ist. Dann wurde berichtet, daß eine solche Mission unterwegs sei – wo ist sie geblieben?
  • Warum wurde nie erwähnt, daß die soziale Lage in Libyen weit besser als in den Nachbarländern ist, das Pro-Kopf-Einkommen ein Vielfaches beträgt und ein vorbildliches Sozialsystem besteht?
  • Gaddafis Gegner verfügen über schwere Waffen bis hin zu Panzern und wissen diese auch zu benutzen. Das sieht nach einem klassischen Bürgerkrieg aus. Günther Deschner hat in der JF deutlich gemacht, daß Libyen immer noch durch seine Stammesgesellschaften geprägt ist und Ghaddafi deren Rivalitäten nicht ausglich, sondern seine Macht auf einige stützte und andere benachteiligte. Stimmt diese Diagnose, drohen Massaker, egal welche Seite gewinnt. Dann müßte es darum gehen, zu einem Waffenstillstand und Verhandlungen zu kommen. Eine Seite zu bewaffnen und die andere zu bombardieren wäre demnach aus humanitärer Sicht falsch. Aber geht es dem Westen nur ums Humanitäre?
  • Wenn bloß friedliche Zivilisten vor einem mörderischen Regime geschützt werden sollen, warum verhält sich der Westen dann so still, wo tatsächlich auf unbewaffnete Protestierer geschossen wird, bei Bahrain etwa? Aber dort ist die Bevölkerung schiitisch, der Herrscher sunnitisch – und ein enger Verbündeter der USA. Daher fiel Hillary Clinton nur ein, zu betonen, man wolle die lange Freundschaft mit ihm auch in Zukunft fortsetzen und werde nicht zulassen, daß der Iran in der Golfregion Fuß fasse.
  • Welche Rolle spielt die ominöse National Front for the Salvation of Libya, die ausgerechnet von Washington aus anfangs als Stimme der Rebellen auftrat – und laut Berichten im Internet 1981 unter CIA-Beteiligung gegründet worden sein soll? Und was war der Auftrag des schwerbewaffneten britischen Einsatzkommandos, das schon Anfang März in Libyen geschnappt wurde?
  • Hat es wirklich Luftangriffe gegen die Zivilbevölkerung gegeben? Der bereits erwähnte Sender RT, der – im Unterschied zum ORF - direkt aus Bengasi berichtete, fand dafür jedenfalls keine Evidenz, nur für Angriffe auf Waffen- und Munitionsdepots der Rebellen.
  • Wie sieht es mit dem Flugverbot aus? Gibt es nur einen Bildbeweis, daß von Regierungsseite vor dem Beginn der westlichen Angriffe dagegen verstoßen wurde? Ein Flugzeug ist allerdings am Tag nach dem UNO-Beschluß über Bengasi abgestürzt. Gleich mehrere Augenzeugen haben den Vorgang gefilmt und ins Weltnetz gestellt. Dummerweise hat sich nachträglich herausgestellt, daß es sich um eine Maschine der Rebellen handelte. Gilt für diese das Flugverbot nicht?
  • Das UNO-Mandat betrifft die Errichtung einer Flugverbotszone. Sind Luftangriffe auf Repräsentations- und Verwaltungsgebäude in Tripolis dazu erforderlich? Rußland, China und die arabische Liga haben schon deutlich gemacht, daß der Westen kein Mandat zum Sturz von Ghaddafi hat. Diese Länder fühlen sich zunehmend von Frankreich und den USA hintergangen.

Selbstverständlich haben bestimmte Interessen die westlichen Länder veranlaßt gerade in Libyen einzugreifen, und nicht in der Elfenbeinküste oder im Jemen. Daran ist im Prinzip nichts auszusetzen, Staaten müssen ihre Interessen wahren und auch das Vorschieben rechtlicher, humanitärer oder sonstiger Gründe ist ein altes Phänomen in der Geschichte. Die Verquickung von Interessenpolitik und ethischem Anspruch muß auch nicht zwingend heuchlerisch sein, selbst wenn klar ist, daß dieser sich eben nur begrenzt durchhalten läßt. Aber welche Interessen waren das? Rechtfertigen sie den Einsatz? Darüber wird gar nicht gesprochen, nichteinmal von Regierungen und „unabhängigen“ Medien in Ländern wie Österreich, die diese Interessen doch kritisch hinterfragen müssten. Nicht alles, was von interessierter Seite behauptet wird, muß der Wahrheit entsprechen. Jener in Deutschland lebende Exiliraker, der die Hauptquelle für die falschen CIA-Berichte bzgl der Massenvernichtungswaffen Saddam Husseins war, bekannte nun im Interview mit The Guardian: „Ja, ich habe gelogen, aber es gab keinen anderen Weg, dem Irak Freiheit zu bringen.“ Hussein konnte beteuern, wie er wollte, daß diese Waffen nicht existieren – der Krieg gegen ihn wurde trotzdem begonnen. Auch Ghaddafi kann sagen, was er will, ihm hört der Westen nicht mehr zu. Gelingt es in Libyen eine gute Ordnung zu schaffen oder werden die intervenierenden Mächte nur in einen weiteren Strudel aus Gewalt gezogen? Werden auch hier, ein paar Zehntausende Tote später, Leute auftauchen, die sagen: ja, wir haben gelogen? Dann werden die arabischen Massen den Einsatz nurmehr als dritten Angriff des Westens auf ein islamisches Land binnen weniger Jahre werten.

 
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