Seit 1995 tingelte die Ausstellung unter dem Titel „Vernichtungskrieg“ durch deutsche und österreichische Städte und konnte bis Ende ‘99 mehr als 800.000 Besucher vorweisen. Kritische Einwände bezüglich der manipulativen Gestaltung, der unhaltbaren Pauschalisierungen und der in vielen Fällen irreführenden Textierung der gezeigten Bilder sind freilich laufend von streitbaren Publizisten geäußert worden.
Die Mehrzahl der Medien stand den Absichten der Ausstellungsmacher aber positiv gegenüber und zeigte wenig Neigung, solcher Kritik ein Forum zu bieten. Zu den gewichtigen Ausnahmen zählte in Österreich vor allem die „Kronen Zeitung“, deren Herausgeber Hans Dichand auch im aktuellen NO-Interview die einseitig-irreführende Gestaltung angeprangert. In Deutschland war es das zweitgrößte politische Wochenmagazin „Focus“, das – nicht nur in diesem Fall – Mut bewies und schon am 2. Februar 1998 den Ausstellungsmachern eine Fälschungsabsicht nachweisen konnte.
Im Laufe des letzten Jahres verdichteten sich die Fälschungsvorwürfe aber so sehr, daß Hauptsponsor Jan Philipp Reemtsma kurz vor der geplanten Präsentation der Schau in New York diese am 5. November aus dem Verkehr zog, zum Zwecke der Überarbeitung, wie verlautbart wurde. Ausschlaggebend dafür waren die Veröffentlichungen eines polnischen und eines ungarischen Historikers. Bogdan Musial hatte bei neun Bildern nachweisen können, daß diese keine Verbrechen der Wehrmacht, sondern vielmehr des sowjetischen Geheimdienstes NKWD zeigen, der kurz vor dem Vorstoß der Wehrmacht in Ostpolen (aber auch in vielen russischen Städten) Massaker an echten oder vermeintlichen Gegnern der Sowjetmacht verübt hatte. Zwei Bilder zeigen z.B. solche in der Stadt Zloczow von der Wehrmacht exhumierte Opfer, die später in einem feierlichen Begräbnis bestattet worden sind. Musial und der ungarische Historiker Krisztian Ungvary kamen im Zuge getrennter Untersuchungen zum Schluß, daß nur 10% der gezeigten Bilder eindeutig Taten der Wehrmacht zeigen. Die restlichen 90% sind fragwürdig, weisen fehlerhafte Bildunterschriften auf oder zeigen überhaupt keine bzw. deutlich nicht von der Wehrmacht begangene Verbrechen. Und selbst bei den verbleibenden 10% müßte von Fall zu Fall geklärt werden, ob es sich um kriegsrechtlich gedeckte Maßnahmen oder echte Kriegsverbrechen handelte.
Die Veröffentlichungen der beiden osteuropäischen Historiker bewirkten eine Art Dammbruch, plötzlich waren auch in Deutschland und Österreich weit mehr deutlich kritische Stimmen zu hören. Die renommierte „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ verglich die Manipulationen der Ausstellungsmacher sogar mit staatlich gelenkten „Desinformationskampagnen“ einstiger totalitärer Länder.
Warum aber hat kein deutscher Historiker die vielen Fehler und Täuschungen aufgedeckt? Focus-Chefredakteur Helmut Markwort: „Die Antwort geben Geschichtsprofessoren nur, wenn unsereiner verspricht, seinen Namen nicht zu nennen: ‚Jeder Historiker hat sofort gesehen, wie schlampig und suggestiv die Ausstellung eingerichtet war, aber wer hat schon Lust, sich öffentlich fertig machen zu lassen?’ Die Verfolger anders Denkender haben es weit gebracht.“ So viel war also davon zu halten, als die in Südösterreich mächtige „Kleine Zeitung“ ihre positive Einstellung der Ausstellung gegenüber damit begründete, daß kein Universitätssprofessor für Geschichte sich gegen sie gestellt habe.
Die Wiener „Presse“ meinte sogar, die Zunft der Historiker als solche sei durch die Vorgänge rund um die Wehrmachtsausstellung in Verruf geraten. Dies bestätigte im Presse-Gespräch am 16. November 1999 Universitätsprofessor Karner, Leiter des Boltzmann-Instituts für Kriegsfolgenforschung, betonte jedoch: „Die Medien haben da mindestens soviel Schuld auf sich geladen wie die Historiker. Manche Journalisten sind offensichtlich auf dem linken Auge blind. Es hat nur wenige gegeben, die differenziert berichtet haben.“ Dabei sei stets bekannt gewesen, daß das Quellenmaterial der Ausstellung zumeist aus den Beständen einer direkt dem Geheimdienstchef Berija unterstellten stalinistischen Propagandaabteilung stammte. Daher hätten auch, so Karner, russische Historiker über die Ausstellungsmethode geäußert: „So hat man bei den Kommunisten Ausstellungen gemacht.“ Hierzulande sei man für Kritik aber gleich ins rechte Eck gestellt worden: „Die ‚Faschismuskeule’ war greifbar.“
Deutliche Worte findet auch Universitätsprofessor Horst Möller, Leiter des Münchner Instituts für Zeitgeschichte, in einem „Focus“-Interview (43/1999) über das manipulative Konzept von Ausstellungsmacher Hannes Heer: „Herr Heer ist kein so harmloser Mensch, wie er gerne vorgibt. Diesen Effekt hat er beabsichtigt. Das ist der Einhämmerungseffekt – frei nach le Bon, den schon Hitler zitiert hat: immer wieder dasselbe wiederholen, dann wird das schon einsickern.
Nämlich daß die Wehrmacht zumindest in solchem Umfang an Verbrechen beteiligt war, daß man sie insgesamt als ein Instrument des Verbrechens bezeichnen muß.“ – Focus darauf: „War sie das?“ – Möller: „Meines Erachtens nicht.“ – Focus: „Heer schreibt im Begleitband zur Ausstellung, ‚große Teile der Truppe’ hätten ‚Mordlust und Sadismus, Gefühlskälte und sexuelle Perversion’ mitgebracht. Hat die Forschung darüber Erkenntnisse?“ – Möller: „Das ist einer dieser völlig unbelegbaren Meinungen von Herrn Heer. Er sagt aber nichts über die Überlebenschance eines deutschen Rekruten an der Ostfront. Sie starben wie die Fliegen. Heer sagt nichts über die Partisanen, deren Aktionen kollektive Panik bei den jungen, schlecht ausgebildeten Soldaten ausgelöst haben. Er verwendet aber zahlreiche Bilder, die Hinrichtungen von Partisanen zeigen.“
Es gibt sie also doch, die fachlich fundierte Kritik etablierter Historiker an der Wehrmachtsausstellung, und sie betrifft nicht nur einige Bilder und deren Betitelung oder vereinzelte Irrtümer da und dort. Nein, die Kritik betrifft das Konzept der Ausstellungsmacher als solches und wirft ihnen bewußte Lüge und Manipulation vor. Zu wünschen wären jetzt nur noch eindeutig klärende Stellungnahmen seitens jener Persönlichkeiten wie Divr. Baron Trauttenberg (der Militärattaché Klestils) und Medien wie ORF oder „Kleine Zeitung“, die sich wiederholt als Sprachrohr der Ausstellungsmacher verstanden haben. Aber das wird wohl ein vergeblicher Wunsch bleiben.