Ein bemerkenswertes Buch aus der Feder eines deutschen Diplomaten ist erschienen. Der Autor schildert seine Erfahrungen in dem langjährigen Dialog mit den Juden Amerikas, den er seit 1977, damals Generalkonsul in New York, zunächst in persönlichen Gesprächen, später auch offiziell unterstützt, begonnen hatte. Auf knapp 140 Seiten wird ein Einblick gewährt, der einerseits treibende Kräfte, Hintergründe, Motive, Entwicklungen auf beiden Seiten in eindrucksvoller und authentischer Weise schildert, über die man bisher oft nur Vermutungen anstellen konnte, andererseits ist Wolf Calebow ganz gewiß ein redlicher Makler in einer Sache, die auf die Zukunft unseres Volkes in jeder Hinsicht gravierenden Einfluß hat.
Je weiter das historische Geschehen zurückliegt, um so exaltierter, übertriebener und haßerfüllter scheinen sich jene amerikanisch-jüdischen Vertreter der Instrumentierung des Shoa-Business zu gebärden. Auch über diese Tatsachen und – wahren – Motive und Hintergründe, etwa des World Jewish Congress Edgar Bronfmans, berichtet dieses bemerkenswerte Buch. Im Nachwort zeigt sich Cale
bow bewußt, daß die Veröffentlichung zwei Seiten hätte: die Untertützung der Bemühungen um weitere Normalisierung in seinem Sinne und die „Gefahr der Instrumentierung dieser Dokumentation von der ‚falschen Seite’“. Da, wie erwähnt, der Autor guten Willens ist, mit den amerikanischen Juden eine ähnliche Normalisierung herbeizuführen, wie sie sich mit Israel schon entwickelt hatte, er in keinem Augenblick diese historische Last zu „relativieren“ sucht, den „Holocaust“ in seiner – angeblichen – „Einzigartigkeit“1 auch nicht in irgendeiner Weise in Frage stellt, sind seine nüchternen Betrachtungen der Gespräche völlig unverdächtig aus einer nur von deutschen Interessen geleiteten oder gar anklagenden Motivation gespeist zu sein.
Bemerkenswert sind die Feststellungen, daß Widerstand gegen die Normalisierungsbemühungen nicht nur von jüdischen Organisationen kam, sondern auch von deutscher Seite. Hier waren es zwei unterschiedliche Gruppen: Regierungs- und Beamtenkreise2 einerseits und Vertreter der Juden in Deutschland, vor allem Heinz Galinski, andererseits. Als Motive nennt Calebow im ersten Fall die Absicht, das „Monopol für jedwede Form des deutsch-jüdischen Dialoges in Anspruch nehmen zu wollen“ . Es ging nicht nur darum, „diese Bemühungen unter Kontrolle zu halten, sondern den von uns – Calebow und American Jewish Committee – eingeschlagenen Weg nach Möglichkeit zu blockieren“3. Auf diplomatischer Ebene – der Botschaft in New York – lag es an dem mangelnden deutschen Gespür für das Machbare4. Man wollte zu allen jüdischen Organisationen gleiche Beziehungen pflegen, mit ihnen zugleich an einem Tisch sprechen, ohne Rücksicht (oder Kenntnis!) der völlig unterschiedlichen Interessenslagen und vor allem Einstellung zu Deutschland und den Normalisierungsbestrebungen.
Bei Galinski bleiben die Gründe im Dunkeln. Da er aber den Versuch des American Jewish Committee (mit dem Calebow vor allem die Normalisierung voranbrachte!) „ein versöhnliches Kapitel im Holocaust-Unterricht in den USA (dort in manchen Bundesstaaten gesetzlich verpflichtend!), zu Fall zu bringen versuchte“5, erscheint uns dessen Wirken gegen die Interessen Deutschlands gerichtet, also – angesichtes der Folgen – landesverräterisch gewesen zu sein.
Es ist symptomatisch, was Calebow im Nachwort berichtet. Nach seinem Ausscheiden aus dieser Aufgabe versuchte er in einem Rundgespräch in Bonn die beteiligten Arbeitsgruppen auf die Kontinuität der Bemühungen einzustimmen. Die maßgeblichen Herren des Außenamtes stellten aber „unisono fest, daß wir, die Deutschen, – im diametralen Gegensatz zu den von Trosten6 und mir gerade vorgetragenen Vorstellungen – den Holocaust stärker in den Mittelpunkt stellen müßten. Der Holocaust ist der Mittelpunkt und nicht das von Trosten und mir seit fast fünfzehn Jahren verfolgte Ziel, nach Wegen zu suchen, über diesen auch mehr und mehr hinauszublicken.“7
Wohin das führt, sehen wir heute: zu den unglaublichsten Exzessen bei nicht anders denn als Schutzgeld-Erpressung zu bezeichnenden Aktivitäten unter dem Titel „Holocaust“, „Zwangsarbeiter“ oder Rückgabe von „Raubgut“.
Aber andere Klarstellungen sind von nicht geringerer Bedeutsamkeit. Hierzulande besteht kaum eine Vorstellung über die Zahl, Art oder Bedeutung der vielfältigen amerikanisch-jüdischen Organisationen. Der am meisten in unseren Schlagzeilen befindliche World Jewish Congress des Edgar Bronfman erscheint teils als so etwas wie die bevollmächtigte Vertretung der Weltjudenheit. Und diesem Eindruck traten seine Exponenten – ganz offensichtlich – mit Kalkül nicht entgegen! Der World Jewish Congress ist aber kein Jüdischer Welt-Kongreß, noch weniger ist er legitimiert, für die Judenheit zu sprechen. Im Gegenteil, er ist eine von vielen Organisationen, und nicht einmal die bedeutsamste! Nach Calebow sind „die Zeugnisse kompetenter jüdischer Sprecher hierzu eindeutig, wie etwa die von Schlomo Avineri („no single Jewish organisation can or does speak for the whole Jewish People, and this includes the World Jewish Congress ... the World Jewish Congress is only one among other Jewish organisations … Tuviah Friedman („… a group of 50 officials“) oder Philip Gillon („… serving their own interests“). – Eine Gruppe von 50 Funktionären, … die ihre eigenen Interessen verfolgt! „Dazu ist noch festzuhalten, daß Nahum Goldmann sein Amt als erster Präsident des World Jewish Congress 1977 niedergelegt hat. Sein Nachfolger Philipp Klutznick ließ dieses Amt nach zweijähringer Amtszeit wegen seiner Berufung zum Handelsminister der Carter-Adminstration seit Nov. 1979 ruhen, weshalb Bronfman im April 1980 unter Übernahme der Schulden dieser Organisation in Höhe von ca. 10 Millionen US-$ schließlich dessen Nachfolge antreten konnte. … Edgar Bronfman hat sich diesen Titel ‚Präsident des World Jewish Congress’ gewissermaßen gekauft …“
Wegen des Irrtums hinsichtlich der Bedeutung als „Weltkongreß“ sind ihm viele nationale jüdische Organisationen in corpore beigetreten, wodurch dieser immer größer geworden ist. Der Zentralrat der Juden in Deutschland trat dem World Jewish Congress zunächst einmal bei, trat dann wieder aus, um schließlich erneut beizutreten. – Man war sich offenbar auch bei den Juden in der Diaspora nicht klar über die wirkliche Rolle!
Das Fatale an diesem „Irrtum“ über den World Jewish Congress und Bronfman ist, daß dieser äußerst deutschfeindlich, ja hassend ist, und über ihn keine Normalisierung zu erwarten ist. Calebow stellt ausführlich dar, wie er mit andern Organisationen – vor allem dem American Jewish Committee – hier erfolgreich neue Wege beschritt. Aber gerade die Bevorzugung nachgerade der haßerfüllten Gegner auf jüdischer Seite durch die offiziellen deutschen Stellen ließ ihnen jene Bedeutung zuteil werden, die sie heute bei der Instrumentalisierung des „Holocausts“ ausnützen!
Auch die Umstände, unter denen Waldheim auf die „watch-list“ für NS-Verbrecher(!) kam, gehörten in den USA zu den bestgehüteten und nur hinter vorgehaltener Hand erzählten Geheimnissen.8 „Sie sollen nach mir damals zugegangenen – wie mir scheint zuverlässigen – Informationen bei einem Drei-Herren-Essen von Außenminister Shultz, Justizminister Meese und WJC-Präsident Bronfman auf Bitten von letztem getroffen worden sein, und zwar als Gegenleistung für von diesem zuvor erbrachten Gefälligkeiten…“
Im Zuge der Kampagne wandelte sich schließlich die Haltung zu Waldheim: „Es ginge nicht mehr um seine Person“ – es war ja nichts, was man konkret hätte vorwerfen können –, „sondern um das Symbol, zu dem er inzwischen geworden sei. Waldheim repräsentiere inzwischen den absoluten Gegensatz zu historischem Erinnern!“9 – Das war in der Tat ein unverzeihbares „Verbrechen“. Das für Juden geltende religiöse Gebot des „Nicht-Vergessen!“ hat auf christlicher Seite kein Pendant. Das christliche Gebot ist sogar das krasse Gegenteil; nämlich zu verzeihen, ja dem Feind, der auf die rechte Backe schlägt, auch die linke hinzuhalten. „Die Deutschen müßten hinsichtlich ihres Geschichtsverständnisses im Grunde Juden werden, wenn sie der Forderung, daß der Holocaust für sie niemals Teil der Geschichte werden dürfe, wirklich entsprechen sollten.“10
Es ist hier nicht möglich, alle – höchst bemerkenswerten – Details wiederzugeben; aber einen Aspekt wollen wir noch beleuchten: die zutiefst gespaltene jüdische Gemeinschaft – und nicht nur diese – in den USA. In den Worten Calebows zeigt sich das wie folgt.
„Im Grunde ist diese Spaltung, die die interne Diskussion in hohem Maße beherrscht, sogar eine zweifache. Die eine Spaltung betrifft die Frage nach der Rolle und der Bedeutung des Holocaust heute. Dem Lager derer, die den Holocaust für politische Zwecke – sei es als wirksamstes Bindemittel der Juden untereinander um der Stärke und des Fortbestandes der jüdischen Gemeinden wegen, oder sei es als wichtigste Voraussetzung für die Gewährleistung der größtmöglichen Unterstützung für Israel – ohne Zurückhaltung instrumentalisieren, steht das Lager derer gegenüber, die dieses als eine Profanierung des menschlich im Grunde unfaßbaren Holocaust ablehnen. Die andere Spaltung betrifft die schicksalhafte Frage der Juden, wie sie es mit Israel halten sollen, wobei das eine Lager eher auf unverbrüchliche Treue zu Israel setzt, was immer dort auch geschehen mag, während für das andere Lager die Frage eine stärkere Rolle spielt, ob die innere Entwicklung Isra els in jedem Fall die Fortsetzung der bisherigen Förderung nach Art und Umfang wirklich angezeigt erscheinen läßt. Beide Bruchlinien sind nicht identisch, verlaufen aber nicht weit voneinander. … Unsere Verbündeten dabei finden sich eher im Lager derer, die die Instrumentalisierung des Holocaust kein geeignetes Mittel für praktische Politik heute und längerfristig keine tragfähige Basis für jüdisches Leben morgen sehen.“ Das Gebot des Nicht-Vergessens liegt nun gewiß im jüdischen Glauben begründet, doch auch dieses kann ganz unterschiedlich ausgelegt werden. Hier zitiert der Autor als Beispiel den jüdischen Denker Michael Wyschogrod vom American Jewish Congress. „Ich glaube nicht, daß dem Judentum neues Leben durch Auschwitz eingehaucht werden kann. … Nur Blasphemie wäre das Ergebnis, betrachteten wir den Holocaust aus menschlicher Perspektive. … Die Thora fordert uns dazu auf, uns an den Angriff der Amalekiter zu erinnern. Die Thora fordert uns dazu auf, weil es für Menschen ganz natürlich ist, zu vergessen, für Erinnerungen zu verblassen, für Gefühlsaufwallungen sich zu beruhigen und für Wunden zu heilen. … Israels Glaube bewegte sich im Kern immer um seinen rettenden Gott: der Erwählung, die Befreiung (Auszug aus Ägypten), der Tempel und der Messias. … Keine Rettung ist vom Holocaust zu erwarten, keine Wiederbelebung geschwächten Judentums und kein neuer Grund für den Fortbestand des jüdischen Volkes. Wenn es eine Hoffnung nach dem Holocaust gibt, dann dank derer, die glauben, daß die Stimmen der Propheten stärker sind als die Hitlers, und weil die göttliche Verheißung über die Krematorien hinwegfegt und so die Stimme von Auschwitz zum Schweigen bringt.“ Calebow merkt dazu an, daß wir uns nicht in innerjüdische Auseinandersetzungen einmischen sollten, und gerade nicht auf Seiten jener, die nichts zur Verständigung und dem Ausgleich beitragen, selbst wenn es die lautstärkeren sind, um die deutsche Unterstützung Israels deutlich zu machen. Und er sagt, daß wir es auch nicht nötig hätten, denn diese sei aktenkundig und augenfällig. Leider trifft letzteres nicht wirklich zu, denn die Summen und Gründe für Transferleistungen an Israel und jüdische Organisationen sind gemeinhin kaum bekannt – und wird von den jeweiligen Regierungen – Deutschlands und Österreichs – auch meist noch mit wenig aussagefähigen Titeln und Verschleierungen im Budget der öffentlichen Aufmerksamkeit bewußt entzogen! John Graf Gudenus, Oberst des Bundesheeres und FPÖ-Bundesrat, hat in einem jüngst erschienenen Interview im Profil ausgesprochen, daß es keine rechtlichen Gründe gäbe, sich zu „Zwangsarbeiterentschädigungen“ bereit zu finden. (Übrigens tat dies auch in analoger Weise die österreichische Regierungsbeauftragte Dr. Maria Schaumeier, die die Leistungen als Geste der Versöhnung nur gelten ließ und jeglichen Rechtstitel verneinte! 12) Gudenus bezeichnete die ohne Rechtsgrund mit derartigem Nachdruck geforderten Zahlungen als Schutzgeld-Erpressung und die dieses betreibenden Rechtsanwälte als geschäftstüchtig. Er meinte, daß dies den – jüdischen – Gemeinschaften nicht gerade Sympathie einbrächte und bedauerte diese Methoden. Dies sind natürliche Reaktionen auf als maßlos angesehene Forderungen und Übergriffe. Sie werden aber in ganz anderer Weise „begründet“, wenn wir uns der Bemühungen, wie sie Wolf Calebow in seinem Büchlein Auf dem Weg zur Normalisierung beschrieb, bewußt sind und damit auch den Nachweis führen können, daß es unsere – deutsche – Art ist, für die Geschichte einzustehen und wir, obwohl es ja keine Erblichkeit von Schuld oder Verbrechen geben kann, Unrecht dennoch nach Möglichkeit auch wiedergutmachen wollen, – aber wir uns nicht damit abfinden können, als Paria in alle Ewigkeit – aus Gründen der politischen und ökonomischen Erpressung – hingestellt zu werden. Wolf Calebow, Auf dem Weg zur Normalisierung – 15 Jahre Dialog mit amerikanischen Juden, Verlag Arno Spitz, Berlin, Preis: öS 277,–
1 Man sehe sich dazu auch die Vatikanische Erklärung
„Wir erinnern …“ über die Shoa an, wo im
historischen Kontext auch andere Verbrechen genannt
wurden, z. B. die der Vernichtung der Armenier
in der Türkei, der Indianer in Amerika u. a.
Erinnert sei aber auch an das „Schwarzbuch“ von
Courtois, das die hundert Millionen Opfer des
Kommunismus endlich eines Gedenkens würdigt,
die zumindest der Zahl nach alles Bisherige in den
Schatten stellen.
2 Auswärtiges Amt, Bundeskanzleramt, Bundespresseamt
und selbst die Konrad Adenauer
Stiftung. S. 128.
3 Seite 128.
4 Seite 39.
5 Seite 63. Diese Curricula wurden von privater
Seite – an der Instrumentierung des Holocaust Interessierten
– entwickelt, und bringen ausschließlich
diesen gänzlich negativen Aspekt über
Deutschland, ohne irgendeine Notiz zu nehmen,
daß es heute ein ganz anderes Deutschland gibt. Es
ist wie die Fortsetzung der psychologischen Kriegführung
über das Kriegsende hinaus, wenn ausschließlich
diese Thema als Charakteristikum der
Deutschen den sonst ahnungslosen amerikanischen
Schülern präsentiert wird!
6 Wichtigster Gesprächspertner Calebows seitens
des American Jewish Committee, späterer
Executive Vize-Präsident für Internationale Beziehungen
im AJC.
7 Seite 129.
8 Seite 57.
9 Seite 61.
10 Seite 133.
11 Seite 65/66.
12 Persönlicher Brief an den Autor dieses Artikels