Archiv > Jahrgang 2012 > NO III/2012 > Otto I., der Große 

Heidentum Religion der Erfahrung

Von Dr. Falko Gramse

Erster Kaiser des „Römischen-Deutschen Kaiserreiches“

In diesem Jahr sollten wir zweier, von der Öffentlichkeit und der Politik weitgehend unbeachteter historischer Ereignisse gedenken, die für Jahrhunderte über das Mittelalter hinaus die deutsche und die abendländische Geschichte maßgebend beeinflußten. Es ist dies einmal der Geburtstag von Kaiser Otto I. am 23. November 912, also vor jetzt 1100 Jahren, und ferner die Kaiserkrönung Ottos am 2. Februar 962, mithin vor jetzt 1050 Jahren.

Diese Nichtbeachtung der beiden Jubiläen spiegelt die seit 1945 gestörte Beziehung zur deutschen Geschichte, von der die Beurteilung der deutschen Kaiserzeit im Mittelalter besonders betroffen ist. Indessen stehen Otto I. und sein Vorgänger und Vater Heinrich I. als Symbol für die nationale Größe des Ersten (Römisch-)Deutschen Kaiserreiches und für seine Hegemonie im Ausland, von der Kulturepoche und Geisteshaltung der Romantik als „alte Kaiserherrlichkeit“ gewürdigt. Mag diese Verherrlichung des mittelalterlichen Kaisertums und sein politischer Stellenwert auch der nationalen Begeisterung und der Sehnsucht nach nationaler Einheit im 19. Jahrhundert geschuldet sein und rückten dann dadurch die ottonischen Könige und Kaiser im 19. und frühen 20. Jahrhundert ins Zentrum eines nationalbewußten Geschichtsbewußtseins, so ist es dennoch verfehlt, Heinrich I. und Otto I. heute nur mehr „als ferne Repräsentanten einer archaischen Gesellschaft zu betrachten, deren Überwindung ein erster Schritt zur Moderne war“.
Es ist bereits seit langem geboten, zu der Erkenntnis zurückzukehren, welch maßgebende Bedeutung das Wirken der beiden ersten Ottonen für das Deutsche Reich und die Begründung seiner Machtstellung auch als Römisch-Deutsches Kaiserreich für ganz Europa hatte. Denn das Kaisertum und die Politik der deutschen Kaiser, die mit Otto dem Großen eingesetzt hatte, prägten im Mittelalter für mehrere Jahrhunderte nicht nur die deutsche, sondern die abendländische Geschichte.
Das Gedenken an Otto I. ist auch deswegen zu fordern, da es in der deutschen Geschichte lediglich eine Handvoll Herrscher und Staatsmänner gibt, die sich wie Otto I. den ehrenden Beinamen „der Große“ verdient haben. Bereits im Mittelalter, eventuell noch zu seinen Lebzeiten, wurde Otto wegen der Stärkung der Reichsgewalt, verbunden mit einer innen- und außenpolitisch beträchtlichen Erweiterung der Reichsidee sowie seiner Wiederaufnahme der abendländischen Kaiserpolitik in christlichem Verantwortungsbewußtsein für die gottgewollte Ordnung, mit Karl dem Großen verglichen bzw. ihm gleichgesetzt, wobei Ottos Regierung zu sehr viel dauerhafteren Ergebnissen führte als die des großen Karolingers, dessen Reich schon am Ende des 9. Jahrhunderts in fünf neue Reiche aufgelöst zerfallen war.

Wahl und Königskrönung Otto I.

Otto I. setzte zum einen die Reichseinigungspolitik seines Vaters Heinrich I. fort, zum anderen bemühte er sich erfolgreich darum, eine europäische Hegemonie des ostfränkischen, also deutschen Reiches zu erlangen. Die Tatsache, daß es nach dem Tode seines Vaters am 2. Juli 936 lediglich fünf Wochen dauerte, bis Otto I. in Aachen zum König gewählt und gekrönt wurde, beweist uns, daß die von Heinrich I. getroffene Nachfolgeregelung von allen Reichsfürsten akzeptiert wurde. In Abweichung von den karolingischen Traditionen der fränkischen Erb- und Reichsteilungen hatte Heinrich schon auf einem Hoftag in Quedlinburg im Jahre 929 in eine „Hausordnung“ die Regelung seiner Nachfolge mit einbezogen und seinen ersten Sohn aus seiner zweiten Ehe mit Zustimmung der Großen zum Nachfolger designiert. Und da alle weiteren deutschen Könige diese Nachfolgeregelung beibehielten, war mit der Designation Ottos eine Entscheidung gefallen, die das junge Deutsche Reich dem alten Prinzip der Herrschaftsteilung entzog und ihm einen neuen Nachfolgegrundsatz eingab: die Unteilbarkeit des Reiches. Hinzu kam die Königswahl durch die Reichsfürsten, die jedoch bis zum Ende der Stauferdynastie durch das Geblütsrecht und die darauf beruhende Wahlempfehlung des Nachfolgers eingeschränkt war. Somit stellte das ottonische Königtum ein Erbkönigtum mit formeller Wahl des vom Vater designierten Sohnes dar (Erbwahlmonarchie). Kurz vor seinem Tode ließ sich Heinrich auf einem Hoftag in Erfurt 936 die „Designation Ottos“ bestätigen.
Gemäß der Nachfolgezusagen der Fürsten erfolgte am 7. August 936 in der Aachener Pfalz Karls des Großen in einer glanzvollen weltlich-geistlichen Doppelzeremonie die offizielle Wahl und Königskrönung Ottos mit Huldigung (Lehnseid) der Reichsfürsten, Ausrufung, Salbung und Krönung sowie Thronbesteigung und Krönungsmahl. Selbstbewußt, als wahrer König und Herrscher von Gottes Gnaden trat Otto dabei auf.
Ganz bewußt hatte er die Lieblingspfalz und den Sterbeort Karls des Großen mit der Pfalzkirche, dem heutigen Aachener Münster, zum Ort der Krönungsfeierlichkeiten gewählt und damit an die von Karl dem Großen begründete fränkische Tradition angeknüpft, wahrscheinlich auch deswegen, weil der am 19. Juni 936 zur Regierung gekommene westfränkische König Ludwig IV. aus der karolingischen Herrscherfamilie erneut die alten Ansprüche der westfränkischen Karolinger auf die Herrschaft im ostfränkischen Reichsgebiet erhoben hatte. Symbolik spielte während des Mittelalters in der Politik eine wichtige Rolle. Die Rechtsgrundlagen und das Selbstverständnis des frühen deutschen Königtums hat der Geschichtsschreiber und Mönch Widukind von Corvey (um 925 – nach 973) in seiner Sachsengeschichte mit der Schilderung der Aachener Königserhebung Ottos einzigartig anschaulich dargestellt, wodurch wir erstmals eine Beschreibung des auch für weitere Königswahlen und Krönungen maßgebenden Wahl- und Weiheaktes erhalten haben.
Demnach setzte sich Otto, der sich nicht nach sächsischer, sondern nach fränkischer Art gekleidet hatte, in dem sich westlich an die Pfalzkirche anschließenden Säulengang auf einen dort errichteten Thron. Nunmehr reichten ihm die vier Stammesherzöge von Bayern, Franken, Alamannien (Schwaben) und Lothringen und die übrigen Reichsfürsten ihre Hände (Handgang), gelobten ihm Vasallentreue (Treueeid) und versprachen ihm dadurch, seine Sache gegen alle Feinde zu unterstützen. So  machten sie Otto nach ihrer Sitte zu ihrem König.
Im Mittelpunkt der Königserhebung stand nachfolgend der geistliche bzw. kirchliche Vorgang der Königskrönung. Dafür gingen Otto und die weltlichen Fürsten in das Innere der Basilika, wo ihn die Erzbischöfe von Mainz, Trier und Köln mit dem gesamten Klerus und erschienenen Untertanen erwarteten. Als „Königsmacher“ trat der Erzbischof Hildebert von Mainz auf. Er empfing Otto am Eingang der Kirche, ging mit ihm in die Mitte des Raumes und forderte die Erschienenen auf, der Wahl des Königs durch eine Akklamation zuzustimmen. „Darauf rief die ganze Menge dem neuen Herrscher mit erhobener Hand … ,Heil‘. Anschließend schritt der Erzbischof mit dem König, …, hinter den Altar, auf dem die königlichen Insignien lagen, das Schwert mit dem Wehrgehänge, der Königsmantel, die Armspangen, Stab und Szepter sowie die Krone.“, alles Kleinodien, gewirkt mit Silber und Gold und besetzt mit Edelsteinen. Man sprach ihnen übernatürliche Kräfte zu, die sie ihrem Träger verliehen. Nachdem der Erzbischof dem König die Insignien einzeln gegeben hatte, salbte und krönte er ihn zusammen mit dem Erzbischof von Köln, wobei er mit wohlriechenden Gewürzen veredeltes Olivenöl benutzte – ein uralter Akt der Magie, der dem Gesalbten Kraft versprach. Schließlich geleiteten beide Erzbischöfe den König zum Marmorthron Karls des Großen, von dem aus er alles sah und von allen gesehen werden konnte. Die sieben Stufen zum Thron entsprechen der Stufenzahl zum salomonischen Thron sowie der Zahl der Stockwerke des Turms zu Babylon. Der Thron war damit ein Symbol der „Weltherrschaft“ und das Sitzen auf dem Thron gleichbedeutend mit „Besitzen“.
Übrigens befinden sich die Reichskleinodien in der Schatzkammer der Wiener Hofburg und können dort besichtigt werden.
Berühmt und historisch wichtig für die Beurteilung von Ottos Herrscherverständnis ist die Schilderung Widukinds über das Krönungsmahl in der Palastaula. Hierbei werden von Widukind zum ersten Mal die vier Stammesherzöge mit ihren symbolischen „Hofdiensten“ erwähnt, die ihnen von nun an als Ehrenrechte zustanden und aus denen die „Erzämter“ hervorgingen:
„Als die erhabenen Laudes verklungen und das feierliche Hochamt zelebriert worden waren, begab sich der König in den Palast und nahm … an einer königlich geschmückten Marmortafel Platz. Die Herzöge leisteten bei Tisch die Ehrendienste.“
Der Lothringer Gieselbert, in dessen Herzogtum Aachen lag, war als Kämmerer für die Gestaltung der Feier zuständig, der Franke Eberhard als Truchseß für die Speisen, der Schwabe Hermann als Mundschenk für die Getränke und der Bayer Arnulf als Marschall für die Unterbringung der edlen Gäste und die Versorgung ihrer Pferde.
Ein derartiges Krönungsmahl war neu, die Tradition jedoch uralt. Denn sie kam aus altgermanischer Zeit, wo der älteste Sohn über die Erbschaft seines verstorbenen Vaters erst verfügen durfte, nachdem er das feierliche Totenmahl mit dem „Erbbier“ veranstaltet hatte.
So präsentierte sich die Krönungsfeier in Aachen als eine eindrucksvolle Bekundung der Macht des jungen Reiches, in dem Königtum, Adel und Kirche als die bestimmenden Kräfte zusammenwirkten. Unstreitig war diese Verbindung ein Erfolg der Regierungsleistung Heinrich I., an die sein Sohn jetzt anknüpfte, um sie im verstärkten Rückgriff auf Karl den Großen weiterzuführen. Deswegen sollten die Anwesenheit aller vier Stammesherzöge, ihr Treuegelöbnis sowie ihre Ehrendienste die einhellige Anerkennung von Ottos Königtum und vorrangige Königsmacht sowie dadurch die hierarchisch gestaltete Einheit des Reiches zur Geltung bringen. (Das fünfte, sächsische Stammesherzogtum besetzten die Ottonen selbst.) Mithin ist anzunehmen, daß Otto die Tradition des Krönungsmahles auch deswegen wiederbelebt hatte, weil er den Herzögen gegenüber sein innerpolitisches Ziel demonstrieren wollte, daß sie nicht nur die Ersten und Vornehmsten im Reich seien, sondern zugleich des Reiches und des Königs erste Diener. Es ging Otto schlichtweg um die Beugung der partikularen Gewalten unter eine starke Zentralgewalt.

Regierung bis zur Kaiserkrönung

Was mit Glanz und Freude begonnen hatte und für Otto eine Demonstration der absoluten königlichen Autorität darstellen sollte, war für die Stammesherzöge und ihr herrscherliches Selbstbewußtsein nichts weiter als eine schöne Feier. Als sie wieder heimritten, glaubten sie daher, trotz des selbstbewußten Auftretens des jungen Königs werde in ihrem Verhältnis zum Reich und zum Reichsoberhaupt alles so bleiben wie bei Ottos Vater. Der neue König werde gleichermaßen wie sein Vater nicht in die Stammesherzogtümer hineinregieren, also, modern formuliert, die innenpolitische Souveränität der Stammesherzöge anerkennen und sich wie König Heinrich hauptsächlich auf die Regierung seines umfangreichen Stammesherzogtums Sachsen mit Thüringen und die Reichsaußenpolitik konzentrieren.
Welch ein fundamentaler Irrtum! Otto war nicht wie sein Vater im reinen Stammesdenken aufgewachsen. Er war der Sohn eines Königs und thronte im Gegensatz zu seinem Vater nicht nur als Oberlehensherr über weithin selbständige Spitzenvasallen und war deswegen nicht willens, auf ein großes Potential an Königstreuen zu verzichten. Zudem meldete sich bei Otto ein gesteigertes Machtbewußtsein, das heißt, er wollte König in der Tat sein und nicht allein dem Namen nach.
Deswegen sah er in den Herzögen nur Amtsträger als Vertreter des Königs, die er absetzen dürfe, sobald sie Treue und Gehorsam gegenüber König und Reich verletzten. Mit der Einheit des Reiches, die Otto auch im Hinblick auf die Bedrohung durch auswärtige Gegner im Westen, Osten und Südosten immer weiter stärken und befestigen wollte, schien ihm der absolute Vorrang der königlichen Autorität vor allen anderen Herrschaftsträgern unerläßlich.
Wenn Otto die Herzogtümer trotz der noch darzulegenden üblen Erfahrungen, die er mit einzelnen Herzögen machen mußte, als Reichsinstitution bestehen ließ, so liegt darin der Beweis für die bedeutungsvolle Stellung und die Verteidigungsaufgaben, die den partikularen Gewalten in den Zeiten des untergehenden karolingischen Reiches bekanntermaßen zugefallen waren. Weil sich Otto in dieser Beziehung an die Tradition gebunden fühlte, half er seinerseits, den Grund zu legen für den Konflikt zwischen deutscher Zentralgewalt und den partikularen Gewalten der einzelnen deutschen Landesherrschaften, der die Geschichte des Deutschen Kaiserreiches bis zu seinem Untergang 1806 bestimmt hat – indessen nicht nur negativ, wie uns die Geschichte des Kurfürstentums und Königreiches Brandenburg–Preußen zeigt.
Sobald die Stammesherzöge Ottos Absicht erkannten, ihnen die fürstlichen Regierungsbefugnisse mit dem Ziel zu beschneiden, sie eigentlich in die Stellung von königlichen Amtsträgern zu verweisen, begannen sie, sich dagegen zu wehren und um ihre von Heinrich geduldete weitgehende Unabhängigkeit zu kämpfen.
Der Mittelalterhistoriker Theodor Schieffer hat in seiner 1973 herausgegebenen Publikation „Die deutsche Kaiserzeit (900–1250)“ zur Festigung von Ottos Königsstellung und darauf beruhender zentraler Reichsmacht in reichsinternen kriegerischen Auseinandersetzungen festgestellt:
„Die traditionsbezogene Aachener Krönung … war ein Herrschaftsprogramm des zweiten … Liudolfingers, der die monarchische Konzentration – mit unteilbarer Königsgewalt, einem die Vasallität überlagernden Amtsrecht, hegemonialem Anspruch und christlichen Sendungsbewußtsein – nicht mehr in behutsamer Taktik“ (und Diplomatie), „sondern mit jugendlichem Schwung, anfangs sogar mit fordernder Schroffheit zu gestalten gewillt war. Die von Heinrich I. vorsichtig überspielten Spannungen entluden sich jetzt erst, und nicht ohne Verschulden des jungen Königs, mit entscheidungsschweren Konflikten in der Königsfamilie und mit den Herzogsgewalten.“
So brachen immer wieder reichsinterne Kämpfe aus, die Otto bis zur Mitte des Jahrhunderts in Atem hielten, und an denen sich teils gleichzeitig, teils nacheinander Ottos Brüder sowie Stammesherzöge beteiligten und bei denen die Verschwörer sogar verräterische Beziehungen zum Karolingerkönig Ludwig IV. von Westfranken anknüpften.
Wenn auch manchmal knapp, aber letztendlich 941 erfolgreich konnte Otto die Opposition überwinden, ohne von seinem oben beschriebenen Ziel einer Stärkung der Reichs- und Königsmacht abgehen zu müssen. Allerdings spricht es für Ottos politische Flexibilität, daß er nunmehr daran ging, das Verhältnis von Königtum und Stammesherzog neu zu regeln, indem er – abgesehen von Sachsen und Franken, die er in eigener Hand behielt und damit seine unmittelbare Machtbasis erweiterte – entweder Mitglieder seiner Familie zu Stammesherzögen bestellte und sie durch Heiratsverbindungen mit den alten Herzogsfamilien verknüpfte oder den Inhaber des Herzogtums durch eine Heirat an die Königsfamilie band.
Dennoch entwickelte sich nicht, wie Otto gehofft haben mag, ein dynastisches Zusammengehörigkeitsgefühl und festes familiäres Vertrauensverhältnis. Denn es kam zu einem erneuten Aufstand unter Führung seines Sohnes Liudolf, Herzog von Schwaben, seines Schwiegersohnes Konrad, genannt „der Rote“, Herzog von Lothringen, und des Erzbischofs Friedrich von Mainz.
Angeblich sollen die Rebellen sogar die schlimmsten Reichsfeinde, die Ungarn, zu ihrer Unterstützung ins Land gerufen haben. Aber gerade der Ungarneinfall im Jahre 954 führte zu einem Abfall der meisten Mitverschwörer und zu einer anschließenden Unterwerfung der genannten Anführer, die selbstverständlich ihre Herzogtümer verloren. Doch beließ ihnen der König ihre Eigengüter.
In Lothringen übte nun des Königs Bruder, der 1870 heiliggesprochene Erzbischof von Köln, Brun(o) I. (um 925–965), die Herzogsgewalt aus.
Obwohl sich die von Otto geschaffene familiäre Verbindung der Königsdynastie mit den Herzogsfamilien doch über Jahrhunderte als eine wesentliche Grundlage der mittelalterlichen Königsherrschaft bewährte, gab sie keine absolut sichere Garantie bei der Herrschaftssicherung, wie auch der letzte familiäre Aufstand beweist. Deswegen bedurfte sie einer grundlegenden Ergänzung, manche Historiker sprechen sogar von einer Neuordnung der Reichsverwaltung, bezüglich der Grundlage des Königtums, die von großer Bedeutung für die weitere Geschichte des Deutschen Reiches war – das „Ottonisch-Salische Reichskirchensystem“ als wichtiges neues Wesensmerkmal der ungeschriebenen Verfassung des Deutschen Reiches.
Dieses System war für das Reich der Ottonen und der ihnen Gewicht gegen die partikularen Tendenzen der Herzogsgewalten sicherte. Ohne diese Klammer hätte sich das Reich eventuell spätestens nach Ottos Tod in die natürliche Vielheit seiner Bestandteile aufgelöst. Das Königtum benötigte in allen Teilen des Reiches ihm treu ergebene „Beamte“. Wo konnte Otto diese zuverlässigen „Paladine“ als Stütze seiner Macht finden? Hauptsächlich bei der Macht, die über eine höhere Kultur verfügte, der Kirche, und damit bei den an einer unbedingten Reichseinheit und der sie garantierenden starken Königsmacht interessierten geistlichen Größen, den Erzbischöfen, Bischöfen und Äbten, die nunmehr ihr Seelsorgeamt auf politische Aufgaben ausdehnten und im Auftrag des Königs weltliche Regierungsfunktionen ausübten. Dafür erhielten sie immer umfänglichere Landlehen zusammen mit den gesamten Verwaltungsrechten des Königs einschließlich der Regalien der Zollerhebung, Münzprägung und der Marktrechte in ihren Gebieten, für die sie dem König lediglich Abgaben einschließlich wirtschaftlicher Lieferungen für den Königshof schuldeten. Ebenso wurden ihre Immunitätsrechte erweitert, indem der König ihnen die Gerichtsbarkeit auch über schwere Straftaten überließ, so wie er sie überhaupt von der weltlichen Gerichtsbarkeit der Gaugrafen befreit hatte. Damit schuf Otto die Voraussetzungen für die späteren, neben den weltlichen Landesherren stehenden geistlichen Territorialmächte bzw. geistlichen Fürstentümer des Deutschen Kaiserreiches.
Die schweren Konflikte, die sich in der Folgezeit aus der Tatsache ergaben, daß die geistlichen Reichsverwalter nicht nur dem König, sondern gleichermaßen dem Papst unterstanden, konnte Otto keineswegs voraussehen. Für ihn bestanden neben der Treue der Kirchenmänner nur praktischen Gesichtspunkte, einmal der Fortfall der Erblichkeit des Lehens infolge des Zölibats, wodurch der König das volle Ernennungsrecht (Belehnungsrecht) für die Kirchenämter und ihre Inhaber behielt, sowie die damals nur in kirchlichen Kreisen vorhandene geistige Schulung, die allein eine geordnete Reichsregierung ermöglichte. Somit stand der hohe Klerus gleichberechtigt neben den weltlichen Großen. Ihre Aufgebote durch Bereitstellung bewaffneter Mannschaften machten oft mehr als die Hälfte des königlichen Heeres aus. Außerdem mußten hohe Geistliche stets bereit sein, dem König als Ratgeber und/oder Gesandte zu ausländischen Fürsten zu dienen.
Dieses in der deutschen und europäischen Geschichte einmalige und deswegen ausführlich dargelegte, von Historikern überwiegend positiv beurteilte „Reichskirchensystem“ funktionierte bis zum „Investiturstreit“ gegen Ende des 11. Jahrhunderts, der durch das alleinige Belehnungsrecht des Königs nahezu herausgefordert wurde. Es sicherte der königlichen Zentralgewalt gegenüber allen partikularistisch-dynastischen Interessen der Herzöge eine bedeutende Machtbasis wie sie einst Karl der Große besaß. Die feudale Zersplitterung des ostfränkischen Reiches in souveräne Einzelstaaten und eventuelle Königreiche, wie sie noch im Jahre 919 durch die Wahl des bayerischen Stammesherzogs Arnulf zum König drohte, verlor jegliche Chancen. Auch konnte sich das deutsche Reichsvolk nunmehr endgültig als neue Existenz- und Entwicklungsform einer einheitlichen Gesellschaft ausbilden.
Spätestens Ende der dreißiger Jahre begann Ottos Außenpolitik mit seinem Einfluß auf Burgund, um dieses im Südwesten des Reiches gelegene, wegen seiner Alpenpässe nach Italien wichtige Königreich von einer Übernahme durch einen reichsfeindlichen Herrscher zu bewahren. Deswegen machte er sich zum Sachwalter der Herrschaft des minderjährigen burgundischen Königs Konrad, den er an seinem Hof zog, um als Konrads Beschützer und tatsächlicher Oberherr die burgundische Verwaltung und Politik überwachen zu können. Dieses Verhalten Ottos erregte Mißtrauen im lombardischen Königreich, dessen Herrscher, schon wegen der westlichen Alpenpässe, Burgund als ihre Interessensphäre betrachteten. Da veranlaßten Otto im Jahre 951 Streitigkeiten um den lombardischen Thron sowie Übergriffe des Markgrafen Berengar von Ivrea gegen die Witwe des 950 verstorbenen lombardischen Königs Lothar und Schwester des o. a. Königs Konrad, sich der alten karolingischen Ansprüche auf die Lombardei zu erinnern.
Es lag in der Konsequenz der karolingischen Tradition, die lombardische Königskrone und danach die Kaiserkrone zu erlangen. Als Otto im Spätsommer des Jahres 951 in Begleitung zahlreicher Reichsfürsten mit seinem stattlichen Heer in Italien eine Macht demonstrierte, wie sie das Land als Auswirkung der ständigen karolingischen Reichsteilungen nicht erlebt hatte, gab es keinen Widerstand und er konnte bereits Ende September in die Königsstadt Pavia einziehen und sich dort wie Karl der Große als „König der Franken und Langobarden“ huldigen lassen. Danach nannte er sich ebenfalls in bewußter Anlehnung an Karl den Großen „rex Francorum et Langobardorum“. Diese neue Würde bekam nachträglich eine weitere Legitimation, als Otto die damals 20jährige Königswitwe Adelheid heiratete, die später die mächtigste Frau der Ottonendynastie wurde.
Zugleich richtete Otto seinen Blick nach Rom. Er handelte auch hierbei im Sinne karolingischer Tradition, als er eine Gesandtschaft unter Führung des Erzbischofs Friedrich von Mainz „pro susceptione sui“ nach Rom sandte, um mit dem Papst einen Romzug und die Kaiserkrönung zu vereinbaren. Die Verhandlungen mit Papst Agapit II. blieben erfolglos, da der Patricius Alberich, der eigentliche Herr Roms, seine Macht und seinen Einfluß nicht einem deutschen König überlassen wollte und der Papst nicht fähig war, sich Alberich zu widersetzen. Ein weiteres Verbleiben und Vorgehen in Italien war Otto auch wegen beunruhigender Nachrichten über die Vorbereitung eines neuen Aufstandes gegen ihn nicht möglich. Er mußte sich damit begnügen, seinen Anspruch auf die Kaiserkrone angemeldet zu haben.
Die für den gesicherten Bestand des Deutschen Reiches und darüber hinaus für das Abendland wichtigste militärische Leistung bildete Ottos legendärer Sieg über das wilde Reitervolk der Ungarn oder Magyaren (Madjaren) am Tage des heiligen Laurentius, dem 10. August 955, in der Schlacht auf dem Lechfeld, südlich von Augsburg.
Wie kam es dazu? Sein Vater hatte doch die Ungarn im ebenfalls berühmten Abwehrkampf zwischen Harz und Thüringer Wald am 15. März 933 aus Sachsen vertrieben. Es war aber kein „Vernichtungssieg“ sondern lediglich ein nachdrückliches Fortjagen der Ungarn aus dem sächsischen Herzogtum. Denn sie setzten in den Folgejahren ihre gefürchteten Raubzüge fort. Nachdem sie im Jahre 954 einen weiteren Raubzug durch das südliche Reichsgebiet unternommen und kaum Widerstand gefunden hatten, kamen sie 955 zahlreicher und übermütiger als zuvor nach Bayern und verwüsteten das Land bis zur Iller und den Vorbergen der Alpen.
Schließlich lagerten sie in der Ebene des Lech nahe der Stadt Augsburg, die sie in Erwartung reicher Beute erobern wollten, deren Bewohner und Besatzung sich aber unter der Führung ihres 993 heiliggesprochenen Bischofs Ulrich (Uldarich) (890–973) tapfer wehrten. Dies ermöglichte es Otto, ein starkes Heer mit Kriegern aus allen Teilen des Reiches und sogar aus Böhmen aufzustellen und mit diesem Heer die Ungarn derartig vernichtend zu schlagen, daß es nur wenigen Ungarn gelang, in die Heimat zu flüchten.
Damit war die Gefahr endgültig beseitigt, da die Ungarn ihre teils bequemen, teils auch riskanten Beutezüge aufgaben und in der Donau-Theiß-Ebene seßhaft wurden sowie bald Anschluß an die christlich-abendländische Leitkultur fanden. Denn zum Ende des 10. Jahrhunderts nahm ihr Herrscher Stephan I., der Heilige (um 975/1001–1038), für sich und sein Volk das Christentum an und begründete ein Königreich mit einem mächtigen Adel, den Magnaten. Am Weihnachtstag des Jahres 1001 ließ er sich in Gran mit der von Papst Silvester II. geschenkten „Stephanskrone“ krönen. Überdies bestanden jetzt gute Beziehungen zum Deutschen Reich und lange Zeit gab es später im Habsburger Vielvölkerstaat für Deutsche und Ungarn ein gemeinsames Dach, die Doppelmonarchie. Vergessen wir nicht: Ende der 80er Jahre des 20. Jahrhunderts waren es die Ungarn, die im nationalen Selbstbewußtsein als Erste den „Eisernen Vorhang“ zertrümmerten und damit zugleich einen wichtigen Pionierdienst für die Überwindung der deutschen Teilung leisteten. Die Dankbarkeit dafür sollte der Bundesregierung Anlaß sein, sich in dem Streit zwischen der ungarischen Regierung und der EU-Kommission mit ihren Anmaßungen auf Ungarns Seite zu stellen oder zumindest vermittelnd einzugreifen und die ungarische Regierung nicht zu kritisieren.
In die den Ungarn abgenommene karolingische „Ostmark“ zogen deutsche Siedler ein.

Imperiales Königtum und Erneuerung des Kaisertums

Der Sieg war nach der Überzeugung von Zeitgenossen Ottos größter Triumph, wie Widukind feststellte, der alle Siege der letzten Jahrhunderte in den Schatten stellte, zumal er ganz Europa und sogar das Byzantinische Kaiserreich von seiner damals größten Bedrohung befreite. Deswegen steigerte der Sieg im ganzen Abendland das Ansehen des Ottonischen Königtums beträchtlich mit der Folge, daß man seine hegemoniale Stellung weitgehend anerkannte.
Außerdem erwachte unter dem Eindruck der schweren Gefahr und aus dem Stolz über das siegreich Vollbrachte unter den Stämmen des Reiches ein gewisses Gemeinschaftsgefühl. Seit 955 bezeichnen die  Quellen Otto mit dem Beinamen „der Große“, und wenn der historische Betrachter nach dem Beginn der „deutschen Geschichte“ sucht, so läßt sich die Ungarnbesiegung mit viel Berechtigung anführen. Denn das Gefühl volksmäßiger Zusammengehörigkeit, aus dem sich freilich viel später erst das nationale Empfinden entwickelte, erwächst in der Geschichte nicht aus künstlichen Gedankenkonstruktionen, sondern aus dem Erleben eines gemeinsamen Schicksals.
Der Historiker Friedrich Heer stellte in seinem 1977 publizierten Geschichtswerk „Das Heilige Römische Reich“ – Von Otto dem Großen bis zur Habsburger Monarchie“ zu alledem unter besonderer Bezugnahme auf den religiös-politischen Begriff des Königsheils fest: „Für Otto ging es in dieser Schlacht um sein Königsheil. Hier mußte es sich erweisen, ob er der Starke war, der Heilsmächtige, der seinem Volk den Frieden, dem Land fruchtbare Ernte, seinen Kriegern Ruhm und damit Nachleben verschaffen konnte.
Dieses sein Königsheil war durch die schweren Kämpfe mit seinen Familienangehörigen und rebellierenden Stammesherzögen bis unmittelbar vor der Schlacht gefährdet … Ottos Sieg bezeugte sein Königsheil, dem Widukind antike Sakralnamen wie Divinus animus, caelestis virtus, constantia und virtus gibt.“
Der Historiker Helmut Beumann vertrat in seinem 1984 publizierten Buch „Kaisergestalten des Mittelalters“ die Auffassung: „Otto konnte sich als Retter der Christenheit betrachten. In den Augen mancher Zeitgenossen, auch des Papsttums, hatte er die Kaiserkrone verdient.“
Es schien natürlich, und es entsprach Ottos Wunsch nach einer Erneuerung der Kaiserwürde, daß dem mächtigsten Herrscher im Abendland in der Nachfolge Karls des Großen auch der kaiserliche Titel gebührt.
Mithin hat die sakrale Bedeutung des Sieges den militärischen Ursprung des hegemonialen Kaisertums sowie seinen charismatischen Charakter bestimmt, und deswegen ist es nachvollziehbar, daß nach Widukinds Erzählung die Ritter im Überschwang ihrer Triumphgefühle den sieggekrönten Herrscher zum „pater patriae“ und „imperator“ ausriefen und feierten, womit Otto nach römischem Vorbild konstitutiv zu einer Art „Heerkaiser“ erhoben worden sei. Otto war anderer Ansicht, hielt also für die Erlangung der Kaiserwürde die traditionelle Krönung durch den Papst als politischen Akt für unerläßlich, verbunden mit der Errichtung einer Schutzherrschaft über Rom und den Kirchenstaat. Aber wie dies erreichen, nachdem der Papst Ottos ersten Versuch 951/52, die Kaiserkrone zu erwerben, zurückgewiesen hatte? Erst elf Jahre später war es endlich so weit.
Otto hielt sich Weihnachten des Jahres 960 in Regensburg auf. Da erschien ein Kardinaldiakon als Sondergesandter des Papstes Johannes XII. mit Dokumenten, die ein Angebot des Papstes zu einem „Geschäft auf Gegenseitigkeit“ enthielten: Seine Heiligkeit erlaube sich, den erhabenen König Otto I. darauf hinzuweisen, da ihm, dem Nachfolger der fränkischen Herrscher, ein erbliches Anrecht auf die Schutzherrschaft über Rom zustehe, ein Recht, das ihn gleichzeitig verpflichtete, Papst und Kirche Beistand gegen ihre Unterdrücker zu leisten. Und genau diesen Beistand benötigte der Papst dringend gegen seine Widersacher in Rom und in der Kurie sowie gegen den äußeren Feind Berengar II., der zum Angriff auf den Kirchenstaat rüstete.
Otto ließ sich nicht lange bitten, war doch die Schutzherrschaft über Rom, Papst und Kurie dringender denn je geworden. Warum? Das Regierungssystem Ottos, das „Ottonisch-Salische Reichskirchensystem“ konnte natürlicherweise nur so lange optimal funktionieren, wie der König „seine“ Kirchenfürsten fest in der Hand hatte. Denn es gab eine Macht, die dem Königtum die Herrschaft über die Kirche streitig machen konnte: das Papsttum. Denn die deutsche Kirche war nicht allein Landeskirche, sie war ebenso Universalkirche. Ihre Würdenträger standen nicht allein als Amtsträger unter der Oberherrschaft des Königs, sondern als Seelsorger unter der Autorität des Papstes, weil er als Nachfolger des Apostels Petrus für alle Geistlichen die oberste Instanz war. In dieser Doppelstellung der geistlichen Reichsfürsten lag eine Gefahr für die Königsmacht, die sich allein dadurch bannen ließ, daß auch das Papsttum dem Machtbereich des deutschen Königtums unterstellt wurde, mithin der König genauso wie über die deutschen Bischöfe über den höchsten Bischof in Rom ein „Schutzrecht“ besaß und dieses als Kaiser.
Bereits diese Erwägung dürfte neben sonstigen in der Geschichtswissenschaft diskutierten „Motiven und Interessen“ an einer imperialen Machtpolitik in Italien und damit für den „Romzug“ Ottos eine hinreichende Begründung bieten.
Am 31. Januar 962 traf Otto in Begleitung seiner Ehefrau und mit einem stattlichen Heer vor Rom ein, und am Sonntag, den 2. Februar, dem Fest Mariae Lichtmeß, wurde er vom Papst feierlich in der Stadt empfangen.
Eine vorausgeschickte königliche Gesandtschaft hatte Ottos Ankunft gut vorbereitet und dabei im Namen des Kaisers den geforderten Sicherheitseid geleistet, der den Schutz des Papstes und seines Besitzers als Landesherr des „Kirchenstaates“ garantierte.
Infolgedessen nahm der Papst noch am 2. Februar in St. Peter die Kaiserkrönung vor und schwor anschließend Otto einen Treueeid. Zusammen mit Otto empfing Adelheid ebenfalls Salbung und Krönung, und seitdem wurde sie in den Kaiserurkunden als „consors imperii“ (Mitregentin) bezeichnet, keine Selbstverständlichkeit für die damalige Zeit.
Mit der Herstellung der vierzehn Pfund schweren Krone hatte Otto bereits nach dem Ungarnsieg die Klosterwerkstätten auf der Insel Reichenau beauftragt, ein Zeichen für sein Selbstbewußtsein und seine langfristige Planung eines Romzuges.
Die zwischen der deutschen und der päpstlichen Gesandtschaft vor der Krönung vereinbarten beiderseitigen Rechte und Pflichten zwischen Kaiser und Papst führten einmal am 12. Februar zu einer päpstlichen Enzyklika, mit der nach Ottos Wunsch die Erhebung des Bistums Magdeburg zum Erzbistum und von Merseburg zum Bistum bestimmt wurde. Dem folgte einen Tag später das „Ottonische Privileg“, auch „Pactum Ottonianum“ genannt, nach dem Otto den Bestand des „Kirchenstaates“ bestätigte, mithin die territorialen Schenkungen Kaiser Konstantins, Karls des Großen und Ludwigs I.  voll anerkannte sowie eine freie Papstwahl zusicherte. Jedoch sollte die feierliche Weihe des neuen Papstes erst stattfinden, wenn dieser dem Kaiser die Wahl mitgeteilt und vor dessen Gesandten Treue geschworen hatte.
Schließlich erkannte der Papst den Kaiser als Oberrichter von Rom an. Dies alles bezeugt uns: Die Kaiserkrönung war kein rein kirchlicher, sondern zumindest für Otto vor allem ein politischer Akt.

Resümee

Der 2. Februar vor genau 1050 Jahren brachte die Geburt jenes eigenartigen staatlichen Gebildes, das man später mit mehr Pietät als Sachkenntnis „Heiliges Römisches Reich Deutscher Nation“ taufte, und das nach einem langen Siechtum 1806 von einem französischen Kaiser den Todesstoß bekam.
Zusätzliche Macht im gesamten Abendland brachte die Kaiserkrone Otto I. und seinen Nachfolgern nicht, das heißt, sie wurden gekrönt, weil die Deutschen die Vormacht hatten.
Freilich gilt es, zu bedenken, Otto der Große ist der Begründer des deutschen Kaisertums im ersten Deutschen Reich, das rund 900 Jahre lang Höhen und Tiefen durchlaufen mußte, aber dennoch, zumindest bis zum systematischen Abbau des Geschichtsbewußtseins ab 1945, im deutschen Volksbewußtsein als ein leuchtender Mittelpunkt Europas stets gegenwärtig blieb. Otto I. war einer der realsten Politiker im Mittelalter, der während seiner ganzen Regierungszeit voller Selbstvertrauen und mit steter Zuversicht für das deutsche Volk und Reich wirkte und dem wir deswegen endlich wieder ein stolzes Gedenken bewahren sollten.
Er starb am 7. Mai 973 auf der Pfalz Memleben und wurde in dem von ihm gestifteten Magdeburger Dom neben seiner ersten Gemahlin Editha von England beigesetzt. Sein Sarkophag trägt die Inschrift:
„Drei Gründe der Trauer sind hier im Marmor eingeschlossen: „Der König, die Zierde der Kirche, die höchste Ehre des Vaterlandes“.
Über das ganze Hochmittelalter ragte beherrschend seine Gestalt, und bereits sein Zeitalter wußte, was wir Späteren immer wieder neu entdecken und verständlich machen müssen, gemäß dem Leitspruch des Historikers Thietmar von Merseburg (975–1018): „Post Karolum Magnum regalem cathedram numquam tantus patriae rector atque defensor possedit“ / „Seit Karl dem Großen hat niemals ein so großer Herrscher und Schützer unseres Landes den Königthron inne gehabt.“
Was vergangen, kehrt nicht wieder.
Dennoch – ging es leuchtend nieder, leuchtet’s lange noch zurück.

 
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