Möglicherweise beginnt bei jenen Menschen, die in späterer Zeit zur Tradition finden, das Nachdenken über die Zeit, in die sie gestellt wurden, damit, daß sie sich zunächst einmal schlichtweg unwohl fühlen. Die uns umgebende Welt, die Geisteshaltung der Moderne, erzeugt unter anderem eine spirituelle Leere, die unser Dasein fest in ihrem Griff zu haben scheint. In Teil I und Teil II dieser Betrachtung zum traditionalen Staatswesen hat der Autor versucht, einige Grundätze mit praktischen Beispielen anzureichern und so ewig-gültige Ordnungsprinzipien aufzuzeigen. In einem 3. Schritt müssen nun einige Zusammenhänge aus der Harmonie beschrieben und erklärt werden, die das Gesagte auf der spirituellen Ebene erhellen. Denn ein Leben der Tradition ist nur dann wirklich denkbar, wenn das menschliche Wesen sich den transzendenten Wirklichkeiten öffnet und das eigene Sein transformiert wird. Der Staat, das menschliche Gemeinwesen, ist nur dann wirklich der Überlieferung treu, wenn er sich in die kosmische Harmonie einbettet und seine Struktur dieser angleicht und im Idealfall eben organisch fortsetzt, wie in der Monarchie. Daher wollen wir in dieser Betrachtung die Brücke von kosmischen Grundsätzen zur einer Staatsform schlagen, die auch heute noch eine Hoffnung verkörpert.
Warum beschäftigen wir uns so ausführlich mit dem Staat aus traditioneller, sprich „überlieferter“ Sicht? Aus Nostalgie? Aus reinem Bedauern über den Verlust echter-rechter Staatlichkeit in dieser Zeit des allgemeinen Niedergangs? All das sind freilich mögliche Begründungen, warum wir uns mit Staatsformen auseinandersetzen, die Ausdruck der allgemeinen und speziellen Überlieferung der Menschheitsgeschichte darstellen, die also weit mehr sind als reine Konstrukte menschlicher Ideen und menschlicher Gebräuche. Es geht aber bei dieser Betrachtung um weit mehr: Der moderne Staat leitet den Menschen in seinen alltäglichen Auswirkungen nicht selten zu einem Verhalten an, das in sich verwerflich ist, weil es den fundamentalen Gesetzen der „Welt der Tradition“ entgegensteht. Ein Beispiel für die Schwierigkeiten, mit denen jene konfrontiert werden, die ihr Leben nach unveränderbaren Grundsätzen ausrichten, bildet die Diskussion um die Finanzierung des Staates über Steuern, die in den USA geführt wird. Dort wird zumindest thematisiert, ob der Steuerzahler möglicherweise für Dinge zur Kasse gebeten wird, die unmoralisch sind, die dem Weltbild des Einzelnen widersprechen könnten, in fundamentaler und tiefgreifend moralischer Weise. So lesen wir in der New York Times vom 11. Februar 2013: „A sincere pacifist could not be obliged to kill. But a pacifist is not excused from paying taxes just because he or she objects to the money being spent on war. Doctors who find abortion morally abhorrent are not obliged to perform them. But you cannot withhold taxes because some of the money goes to Medic-aid-financed abortion“1.
In diesem kurzen Satz liegt die ganze Problematik begraben: Der moderne Staat verlangt von seinen „Untertanen“ einen derart umfassenden Gehorsam, daß der Einzelne sich kaum einem Verhalten zu entziehen vermag, das gegen all die Prinzipien läuft, welche die Tradition ausmachen und welche uns übermittelt wurden. Daß ein großer Teil der sogenannten „Kirchen“ und ihrer „Hierarchien“ vor allem in Europa dieses unmoralische Spiel zur Gänze oder zu einem großen Teil mitspielen, stellt eine traurige Tatsache dar.
In Europa nehmen wir aus vor allem gesellschaftlichen (angeblichen) „Notwendigkeiten“ dieses Verhalten meist längst hin, daher wird die damit verbundene Schwierigkeit in der breiten Öffentlichkeit nicht thematisiert. Das alles ist nicht neu, zeigt aber deutlich auf, warum wir die ewigen Grundsätze ständig meditieren sollten.
Traditionalisten beschäftigen sich zwar häufig mit den metaphysischen, göttlichen, Grundwahrheiten, was zwar richtig, wichtig und wesentlich ist, aber oft zu wenig mit den sozialen Auswirkungen, welche uns die moderne Welt aufzwingt und welchen vermutlich keiner von uns restlos entfliehen kann. Die Schwierigkeit liegt darin, daß wir uns in einem Umfeld bewegen müssen, welches meist zur Gänze von falschen Grundsätzen durchdrungen ist, ohne in Frust, Verzweiflung und Ärgernis abzugleiten und eben nicht verhärtete und verstockte Einzelgänger zu werden, sondern froh unseren Glauben bekennen zu können und die geistige Hierarchie beizubehalten. Viele Konservative wiederum (wir trennen hier bewußt zwischen „Konservativen“ und „Traditionalisten“) bejammern oft ausschließlich die sozialen Auswirkungen und meditieren zu wenig die esoterischen Grundlagen, in denen durchaus ein praktikabler anderer Weg aufgezeigt wird, anstelle der Wahl zwischen den beiden „Übeln“ der verhärteten Isolation, oder aber der unterwerfenden Kooperation mit der modernen Welt.
Es fehlt also hier wie dort nicht selten an der Ganzheitlichkeit der Betrachtung. Dieser Beitrag versucht den Brückenschlag in einer (wenn auch vielleicht immer noch ungenügenden) ganzheitlichen Weise: Wir sehen und meditieren den Kosmos als Ausdruck des einen ewigen Gottes in seiner Ganzheit und Harmonie und sehen daher alle (bzw. möglichst viele) Auswirkungen auf unser Leben, die in dieser Grundwahrheit ihren Ausdruck nehmen, daraus ergibt sich dann auch der Ausschluß falscher „Lehren“ und falscher Prinzipien. Es verhält sich bei dieser Thematik so, wie es Silvano Panunzio in seinem Beitrag „Bibel und Kosmologie“2 schreibt: „Und diese Prinzipien müssen – in unserer Zeit leichtfertiger Raketen- und Weltraum-Begeisterung – immer wieder aufs neue aufmerksam meditiert werden, damit man nicht geringfügige „äußere“ Entdeckungen des mechanisierten Menschen des 20. Jahrhunderts (man könnte sagen: des Anti-Menschen, der, vom Weltraum fasziniert, in die Gewalt des Anti-Christ gefallen ist und von ihm inspiriert wird) mit den unausschöpfbaren Entdeckungen des wahren Menschen verwechsle, des Menschen, der sich ohne Ende in die Innerlichkeit versenkt.“3 Um diese Innerlichkeit soll es gehen, daher werden wir versuchen, die uns gestellte Thematik so umfassend wie möglich zu betrachten.
Kathleen Raine, eine der wichtigsten spirituellen Meister dieser Tage und eine wirkmächtige Schöpferin echter Kunst, schrieb in dem wichtigen Essay „Monarchy & the Imagination”4: „Kings and queens, princes and princesses belong, above all, to the proper disposal of things in the world of fairy-tales, the universal once-upon-a-time of the imagination of humankind from time immemorial. Whether in Ireland´s rain, Russia´s snows, Norway´s long winter nights or India´s monsoon, the stories are told and have raised their imagined palaces and established their enduring kingdoms of which all the world´s childhood are citizens, and of which we all have been inhabitants. Are these kings and queens memories of history become legendary, as the euhemerists would have us believe? Or does history forever seek to realise dream?“5
Was Kathleen Raine hier schreibt, besonders die Fragen, die sie stellt, sind wesentlich für unsere Betrachtung. Woran mag es liegen, daß Könige, Prinzen und Prinzessinnen zu jenem Repertoire gehören, aus welchem die Geschichtenerzähler (die ja eben gerade nicht „Erfundenes“ preisgeben) seit Menschengedenken schöpfen, um Kinder und Erwachsene, um „Menschen“, zu faszinieren, sie zu erfreuen und zu erbauen? Kann es daran liegen, daß Monarchen, um ihre konkreten Erscheinungsformen zu subsumieren, ein Ideal sind, das gleichsam magisch den Menschen zu entrücken vermag? Wie wir sehen werden, handelt es sich beim Monarchen um einen Archetyp, um ein Urbild, welches kosmische Grundwahrheiten widerspiegelt und ein wesentliches, unverrückbares Element der Harmonie ist. Diese Harmonie besteht aus Balance. Harmonie, das werden wir noch ausführlicher betrachten können, ist allerdings nicht mit einem Zustand zu verwechseln, in dem es keine Trauer, keinen Tod und keine Schwierigkeiten gibt. Harmonie ist nicht unbedingt ein Zustand des subjektiven Wohlbefindens, sondern Harmonie auf Erden in ihrem wahren, traditionalen Sinne, ist vielmehr der rechte und geordnete Zustand allen Seins im Kosmos (und nicht nur auf Erden) und insofern alles seinen Platz hat und einnimmt, ist dann auch alles „gut“. Harmonie besteht in ihrer Gesamtheit allerdings nur dann, wenn diese Ordnung ihre Rückkoppelung an das Göttliche nicht verliert, und sie besteht nur dann, wenn der Mensch sich in Frieden und in Balance mit dem gesamten Kosmos weiß und der Mensch fähig ist, diese Balance über seine menschliche Sphäre hinaus wahr- und ernstzunehmen. Wie S. K. H. Prince Charles es einmal in einer Ansprache an das „Royal College of Psychiatrists“ formulierte:
„I do not expect you to agree with me, but I believe that the most urgent need for western man is to rediscover that divine element in his being, without which there can never be any possible hope or meaning to our existence in the earthly realm.“6
Es ist daher keinesfalls ein Zufall, daß wir in diesem Essay die Englische Krone als Beispiel anführen, wir sind uns zwar gewisser Mängel bewußt, die besonders im Heute um sich greifen, wir werden aber versuchen, jene Grundwahrheiten herauszuschälen, die diese Staatsform immer noch zur Saat werden lassen. In der englischen Monarchie, in dieser Zeit verkörpert durch Ihre Majestät Königin Elisabeth II, scheint jene traditionale Grundordnung auch im Heute noch durch, um die sich unser gesamtes Schreiben und Betrachten dreht. Die englische Monarchie zählt zu den ganz wenigen Formen traditionaler Ordnung, die auch und gerade in dieser Zeit das vor allem geistige Potential konserviert (im besten Sinne!) und durchaus wirkmächtig, gewiß den zeitlichen Läufen unterworfen, ausstrahlt. Die Gesetzmäßigkeiten, die die Monarchie so unentbehrlich werden lassen, können auch in der Flora und Fauna beobachtet und verinnerlicht werden. Die Einbettung dieser Monarchie (und jeder anderen traditionalen) in den gesamten Kosmos ist ein Geheimnis, das wir in diesem Essay betrachten wollen.
Wir schreiben das Jahr 2008, ich befinde mich in einem Kloster in Griechenland. Die Tage meines Aufenthaltes sind durchwebt von Gebet. Von den frühesten Morgenstunden bis in die Stunden nach Sonnenuntergang richtet sich hier alles nach dem Rhythmus der Anbetung des Allerhöchsten. Auch die Arbeit und das bescheidene Essen werden zur Anbetung, weil hinter den Mauern des Klosters der Tag zu einem einzigen betenden Pilgern wird. Besonders eindrücklich wird dies in den langen Gottesdiensten in der Klosterkirche, die freilich hinter den Klostermauern erbaut ist. Das ganze Leben der Mönche ist von einem Rhythmus bestimmt, der einen Schein der Harmonie widerzuspiegeln vermag. Besonders in der Klosterkirche bildet sich – vor allem nachts — eine eigentümlich geistdurchwebte Atmosphäre. Elektrischer Strom ist hier – bis unmittelbar über den beiden Lesepulten –verbannt, bewußt, die Kerzen symbolisieren hier noch den sich verzehrenden Christus, die Flamme brennt, fackelt und vergeht, sie lebt tatsächlich fort, den sie ist ja organisch den Bienen entwachsen und dient nun als Zeichen des Höchsten. In dieser geistdurchwebten Atmosphäre spürt man die Einheit des Kosmos, die Ursprünglichkeit, das Mysterium des Christentums. Ohne große Erklärungen, ohne Rationalismus, ohne jegliche Wissenschaftsgläubigkeit manifestiert sich das Mysterium in der Mitte der Betenden. Es entsteht also eine Art von „Harmonie“, die fühlbar wird, wenn wir uns in diesen Raum begeben, der das Heilige geradezu ausatmet und wir es „einatmen“. Für diese Harmonie, die unterschiedlich erfahrbar ist, in ihrem Kern aber die eine unendliche Harmonie bleibt, so wie das Licht, das uns als Sonnen-, Kerzen- oder Öllampenlicht erscheinen kann und doch Licht bleibt, freilich in unterschiedlicher Qualität ist, gibt es nun unzählige Erscheinungsformen:
Wir wechseln für den Moment in ein anderes, nicht minder heiliges, „Reich“. Manch ein Leser kennt vielleicht die Orchidee mit dem Namen „Stern von Madagaskar“ (Angraecum sesquipedale), dieses Wunder der göttlichen Schöpfung kann uns schon durch seine reine Existenz viel vom Wesen des Allmächtigen und Unendlichen offenbaren. Es ist aber besonders ein Aspekt des Lebens dieser Orchidee, welcher uns nicht nur die Existenz Gottes zu offenbaren vermag, sondern auch und in besonderer Weise die kosmische Ordnung, deren Wesen, Ausdrucksformen und deren irdische Gültigkeit im Leben des Menschen wir ja betrachten, wenn wir den idealen Staat beschreiben wollen. Es ist nun nicht so sehr das Wunder dieser Pflanze an sich, deren Äußeres, auch das Grün der Pflanze ohne die wunderbare sternförmige weiße Blüte, alleine schon Beweis genug für einen liebevollen Schöpfer wäre, sondern es ist ein ganz bestimmter Moment der Beziehung, die die Pflanze „Stern von Madagaskar“ mit einem anderen Wesen des Kosmos eingeht, um ihren Fortbestand sichern zu können. Dieser Betrachtung vorausgeschickt werden sollte, daß es hierbei nicht um die Anbetung eines kosmischen Aspektes geht, nicht darum, den Kosmos als Endziel der Anbetung zu definieren, nein, das Wissen um den Kosmos, die Kosmologie, dient ausschließlich der Erkenntnis des Göttlichen. Wie Silvano Panunzio über einen römischen Juden schreibt, der die „Kosmographie“ verfaßt hat: „Was wir noch mehr an seiner ‚Kosmographie’ bewundern, ist das profunde Wissen um die wechselseitige Abhängigkeit aller Ebenen des Seins und Erkennens: Die heilige Geographie ist Einweihung in die Mysterien der Erde, die heilige Astronomie Einweihung in die Mysterien des Himmels, aber die heilige Lehre par excellentiam, die Torah, ist Einweihung in die Mysterien Gottes. Nur zu recht hatte der größte mittelalterliche Kabbalist nach Maimondes, Abraham Abulafia, mit der Ermahnung: ‚Lies die Torah, entrolle sie immer wieder, und du wirst darin alles finden.´ Dieser römische Jude des 17. Jahrhunderts weiß nicht nur um die enge Verbindung aller Seinsebenen, sondern auch um die verborgene Hierarchie, welche in diesem Zusammenhang waltet.“7 Diese verborgene Hierarchie durchwirkt den gesamten Kosmos.
Das Wesen, welches nun diesen konkreten Dienst an der Orchidee vollbringt, ist ein Nachtfalter mit dem Namen „der Vorhergesehene“ (Xantophan morganii praedicta). Die Geschichte des Stern von Madagaskar ist mit Charles Darwin8 verknüpft. Darwin fragte sich, wie eine Pflanze mit einem derart langen Sporn befruchtet werden könne, d. h. von welchem Wesen. Charles Darwin meinte nun, es könne sich bei diesem Wesen nur um einen Falter handeln, der aber Zeit seines Lebens nicht auftauchte, um das Geheimnis zu enthüllen. Dieser Falter existiert aber und ist schlichtweg ein Wunder. Die Orchidee besitzt einen sage und schreibe 30—40 cm langen Sporn, an dessen Ende der Nektar sitzt. Der Falter wiederum besitzt einen langen Rüssel, um diesen zu erreichen, er ist also nur für diese eine Orchidee geschaffen, und nur dieser eine Falter ist zu diesem Dienst fähig. Seiner Natur als Tier entsprechend möchte und kann der Falter freilich keine andere Tätigkeit ausführen, und dennoch können wir an seinem Beispiel erkennen, welchen hohen Wert die Einhaltung und Respektierung der kosmischen Ordnung für uns hat. Diese Ordnung ist gewollt und durchdacht, sie wurzelt im Schöpfer, dem allmächtigen Gott selbst, und strebt ihm zu. Der Dienst des Falters ist daher ein harmonischer, weil er die ihm zugesehene Rolle im kosmischen Spiel wahrnimmt, der Stern von Madagaskar ist von der Existenz dieses Falters abhängig, der Falter wiederum von eben dieser einen Orchidee. Würde der Mensch nun durch Willkür oder Sekundärfolgen seines Handelns die Lebensgrundlage des einen Wesens auslöschen, so hätte dies unweigerlich Auswirkungen auf das je andere Wesen – eine tiefgehende Störung der Harmonie wäre die Folge. Interessant und der Betrachtung wert ist beim Wechselspiel zwischen der Angraecum sequipedale und dem „Vorhergesehenen“ aber noch ein anderer Umstand: Der Falter vollführt einen Dienst an der Schöpfung, über den er nicht lange nachdenken muß, er erfüllt ihn, weil er freilich vom Schöpfer nicht jenen „freien“ Willen zuerkannt bekam, den wir unser eigen nennen (der aber vielmals auch unser Fluch ist) – der Falter ist also an sich „gut“, er kann auch nur das „Gute“ tun, er ist mit seinem Schöpfer in Harmonie, weil er seiner Berufung nachkommt, seinen Platz im Kosmos ein- und wahrnimmt. So wie der Falter in der Fauna, so muß der Mensch in seiner Umgebung seinen Platz in der Schöpfung einnehmen und mit Umsicht den Kosmos mitgestalten. Wir nähern uns hier dem Bild des guten und gerechten Monarchen, der ein Urbild für die Einheit ist, für die Ordnung und damit auch für die Harmonie.
Kathleen Raine: „Royalty is, in its ultimate nature, an archetype. Plato introduced this word, which has been given new actuality as a psychological fact by C. G. Jung in the twentieth century. As such, it is not the prerogative of any individual, monarch or commoner, but a universal human attribute, of which the monarch stands as a unifying symbol in relation to a particular nation.“9
Wir stehen voll Verwunderung, Ehrfurcht und auch Begeisterung vor dieser wunderbaren Schöpfungsordnung und können, wenn wir es nur wollen, durch intensive Kontemplation das Wesen aller Ordnung erkennen und umsetzen. Es ist ein geordnetes Ganzes, diese Ordnung besteht in Einheit und nur durch diese Einheit kann das Leben gelingen. Der Nachtfalter erfüllt seinen Dienst an der Schöpfung mit Selbstverständlichkeit, er fragt nicht, er zweifelt nicht, er dient, weil er nicht anders kann. Naturgemäß verhält es sich, daß die Natur des Nachtfalters anders gelagert ist als jene des Menschen; der freie Wille des Menschen, sich für oder gegen das Heilige, für oder gegen die Ordnung zu entscheiden, hindert den Menschen nicht selten daran, seinen Platz im Kosmos einzunehmen. Manch ein Leser wird bereits jetzt erkennen, daß die Monarchie, als Archetyp nicht unbedingt in einer zeitlichen Form, natürlich in diese Ordnung gehört, sie ist organischer Teil des Kosmos, weil sie seiner innersten Ordnung entspricht; sie ist, daran besteht kein Zweifel - allerdings wird dies noch zu betrachten sein - göttlicher Wille, weil sie natürlicher, organischer Teil der Harmonie ist. Diese kosmischen Wahrheiten, diese Zugehörigkeit zu einer kosmischen Ordnung, die (überflüssig, dies zu erwähnen) in Gott selbst wurzelt, ist für uns Menschen ein ganz wunderbarer Umstand, dem wir mit enormer, unermeßlicher Ehrfurcht gegenüberstehen sollten und müssen. Der Kosmos selbst gibt Zeugnis von dieser Herrlichkeit, und die Monarchie als Staatsform spiegelt dies wider.
Die Ordnung des Kosmos, die wir in der Fauna und Flora erkennen können, setzt sich organisch in menschlichen Gemeinschaften fort. Ein meisterhaftes Beispiel einer solchen organischen Ordnung ist das Kastensystem in Indien. Es handelt sich beim System der Kasten wohl um das am meisten mißverstandene Phänomen der kosmischen Ordnung, das immer wieder benutzt wird, um modernen Egalitarismus über traditionale Ordnungen zu erheben. Es ist ganz wesentlich, die nun folgenden Worte, die wir wiederum Kathleen Raine entlehnen, im Kontext des vorhin betrachteten Verhältnisses von Orchidee und Falter zu verinnerlichen. Das Grundmuster der kosmischen Ordnung folgt stets dem Schöpfungsmuster: „Alles an seinem Platz, alles entsprechend seiner Berufung“. Dieses Grundmuster findet sich auch im Kastensystem wieder.
Die moderne Welt stellt uns aber vor eine große Herausforderung, denn ihr Anspruch ist total, sie ist der Totalitarismus in reinster Form und zu ihr gehört, untrennbar, der verheerende „Fortschritt“. Wie eingangs erwähnt wurde, werden wir alleine schon durch das Steuersystem zu verheerender Unterstützung diverser falscher Prinzipien gezwungen, ein Entrinnen gibt es hier freilich nicht. Die Problematik für uns ist, daß der Staat der Moderne untrennbar verbunden ist, und daß wir, so lange wir „politisch“ aktiv sind, dieser Welt zugehören. Wir müssen gründlich und genau betrachten, wie wir uns zu verhalten haben und wie wir unser Verhältnis zu Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft gestalten können. Scheinbare Widersprüche in den Überlieferungen müssen wir recht zu deuten lernen. Besonders eindringlich erscheint dies in „politischer“ Hinsicht innerhalb des Christentums selbst: Nicht selten werden in Ländern, deren Geschichte von der Orthodoxie geprägt wird, starke „nationale“ Gefühle geweckt, wenn es um den Glauben geht. Noch stärker jedoch sind diese Gefühle, wenn wir beispielsweise politische Ereignisse in Südosteuropa betrachten. Katholiken gegen Orthodoxe, so scheint es. Noch dramatischer wird es, wenn wir Konflikte betrachten, die eigentlich nichts mit der Überlieferung zu tun haben, sich aber am Rande der Trennlinien von authentischen Überlieferungen bewegen. Da wird schnell der Konflikt zwischen den „Traditionen“ beschworen, nicht selten mit dem Verweis, daß aus eben diesem Grunde (eines konfliktreichen Nebeneinanders) der Glaube des einen oder anderen ungültig sei. Dieser angebliche „Konflikt“ aber hat meist allzu menschliche Wurzeln, die sehr oft in rein horizontalen Gründen ihren Anfang nehmen. Der Mensch ist und bleibt eben nicht frei von Fehlern und Sünde, und sosehr der Monarch Bild der Einheit ist, sosehr bleibt er Mensch. Daher liegt die Wahrheit Gottes wie die Erscheinungen dieser Wahrheit auf der Erde außerhalb politscher, geographischer oder emotionaler Kategorien. Es ist so, wie S. K. H., Prinz Charles von Wales, schreibt:
„Es gibt sogar Momente, in denen der Goldene Faden des alten Weltverständnisses gleichzeitig in zwei Kulturen aufleuchtet, die vielleicht miteinander Krieg führen, was mich auf den Gedanken bringt, ob wir nicht lieber von einer ganz eigenen Geschichte der Zivilisation sprechen sollten, die sich wenig um nationale und kulturelle Grenzen oder gar die Tagespolitik kümmert. Ihr vornehmliches Interesse, wo immer es zutage tritt, gilt dem, was Coleridge ‚die Politik der Ewigkeit´ nannte, und ihre Absicht ist es, Sinn zu stiften, statt ihn zu zerstören.“10
Diese „Politik der Ewigkeit“ ist es, die wir sehr konsequent verfolgen müssen, und dieses Politikverständnis läßt sich nicht in die Tagespolitik eines modernen Parteiensystems eingliedern. Die Schwierigkeit besteht nun darin, spirituelle Grundsätze im täglichen Leben aufzurichten und ihnen zu folgen, sie zu verwirklichen und Gutes zu tun. In welchen Feldern menschlichen und gemeinschaftlichen Lebens ist dies heute noch möglich?
Warum nun gerade die englische Monarchie in der heutigen Zeit eine spirituelle Notwendigkeit darstellt, wird alleine aus ihrer Treue zur Ursprünglichkeit im Reichsgedanken ersichtlich. So lautete denn auch ein zentraler Satz der Krönung von britischen Königen:
„Archbishop: Will you solemnly promise and swear to govern the Peoples of the United Kingdom of Great Britain and Northern Ireland, Canada, Australia, New Zealand, the Union of South Africa, Pakistan and Ceylon, and of your Possessions and the other Territories to any of them belonging or pertaining, according to their respective laws and customs?“11
Der universale Reichsgedanke scheint hier durch, der es ermöglicht, daß Menschen unterschiedlichster Herkunft, ja unterschiedlichsten Glaubens sich unter einer Krone vereinen, sich zu Untertanen des einen Urbildes erklären, gemäß den Prinzipien der Kulttoleranz (sofern diese nicht sektiererisch ausarten) und vor allem der Subsistenz. Eigenheiten der Völker werden so zum Beispiel anerkannt und nicht nivelliert, die Subsistenz ist das Gegenteil von nationaler Unterwerfung, wie wir sie in den Kriegen der Moderne kennenlernen mußten. Mag der Monarch auch als Mensch fehlbar sein, er verkörpert dennoch eine höhere Ordnung und damit die Einheit. Gewiß muß und darf man dem Monarchen in offensichtlichen Dummheiten nicht folgen, ja, es kann auch durchaus notwendig sein, ein Interregnum über Jahrzehnte zu erdulden, das Prinzip aber selbst kann nicht abgeändert werden, die Standesgnaden sollten ihr übriges beitragen. Die Konflikte zwischen den modernen Nationalstaaten und diesem Reichsverständnis sind in Europa seit langem spürbar, ob Bosnien, das Kosovo, Süd-Ossetien oder jüngst die Ukraine: Reste traditionellen Reichsverständnisses existieren, weil sie einer organischen Ordnung abstammen, die Moderne hat für solche nach oben strebenden, einer Ordnung zugehörigen Prinzipien nicht viel über. So wie die Industrialisierung den Kosmos in seiner rechten Ordnung durcheinander zu werfen vermag, so greift die Moderne mit dem „Recht auf nationale Selbstbestimmung“ in die traditionelle Ordnung der Staaten ein und wischt auch die letzten Reste vom Tisch.
Es geht also letztlich auch darum, das menschliche Dasein in den Kosmos wiederum so zu integrieren, daß der Mensch sich in die Harmonie zu setzen vermag. Wenn die Frage auftauchte, in welchen Feldern wir heute noch eine „Politik der Ewigkeit“ durchsetzen können, so werden wir sehen, daß es noch Möglichkeiten gibt, eine solche zu verfolgen, wenn wir unter „Politik“ nicht das Parteienhickhack des modernen Staates verstehen, sondern in einem anderen Sinne wieder Zugang zu einer Gestaltung unseres Lebensraumes erlangen. Diese Änderung, diese Transformation beginnt jedoch beim Einzelmenschen, auf seiner inneren Ebene, in der er die ewigen Gesetze und Hierarchien verwirklichen muß. Seine königliche Hoheit, der Prinz von Wales, hat dies einmal sehr schön mit den Worten ausgedrückt, sein ganzes Bestreben sei es zu „heilen“. Ohne den Prinzen in ungebührlicher Weise interpretieren zu wollen, scheint es mir, daß hier der Kern der überlieferten Ordnung aufscheint: Jeder beginne bei sich in Gebet und in Kontemplation, um dann fähig zu sein, sich und sein nahes Umfeld nach den Grundsätzen des Ewigen zu gestalten. Gewiß ist dies in überlieferten Berufen, die weit davon entfernt sind, bloße „Erwerbsarbeit“ zu sein, wesentlicher möglich, als bei Berufen, die der Moderne, der Industrialisierung usw. dienen. Darum, nämlich der konkreten Ausformung des ständischen traditionellen Lebens, muß und wird es in einem nächsten Schritt dieser Aufsatzserie gehen müssen.
1 Keller, Bill, The Conscience of a Corporation, The New York Times OP-ED Monday, The New York Times vom Montag dem 11. Februar 2013, S. A17
2 Panunzio, Silvano, Bibel und Kosmologie, in deutscher Übersetzung erschienen in: Kairos, Zeitschrift für Religionswissenschaft und Theologie, Heft 3—4 1962, S. 258—266
3 Ebd., S. 259
4 Raine, Kathleen, Monarchy and the Imagination, aus: Monarchy – a series of papers delivered to the Temenos Academy published to mark the Golden Jubilee of Her Majesty Queen Elizabeth II, Temenos Academy Papers No. 18, S. 11 f.
5 Ebd. S. 11
6 Aus einer Ansprache S. K. H vom 5. Juli 1991, hier zitiert aus: Blake, L. L., In Praise of the Queens Majesty, Monarchy – a series of papers delivered to the Temenos Academy published to mark the Golden Jubilee of Her Majesty Queen Elizabeth II, Temenos Academy Papers No. 18, S. 34
7 Panunzio, Silvano, Bibel und Kosmologie, in deutscher Übersetzung erschienen in: Kairos, Zeitschrift für Religionswissenschaft und Theologie, Heft 3—4 1962, S. 265
8 Charles Darwin konnte gewisse Erscheinungen der Welt sehr gut beschreiben, seine Schlüsse aus diesen Beobachtungen sind dann meist verkehrt, wie die Leserschaft sicherlich weiß und hier auch nicht falsch deuten wird.
9 Raine, Kathleen, Monarchy and the Imagination, aus: Monarchy – a series of papers delivered to the Temenos Academy published to mark the Golden Jubilee of Her Majesty Queen Elizabeth II, Temenos Academy Papers No. 18, S. S. 20
10 Charles, Prince, S. K. H., Harmonie, Eine neue Sicht unserer Welt, Deutsche Erstausgabe, 2010, S. 111
11 Blake, L. L., In Praise oft he Queens Majesty, Monarchy – a series of papers delivered to the Temenos Academy published to mark the Golden Jubilee of Her Majesty Queen Elizabeth II, Temenos Academy Papers No. 18, S. 41