Die politische Landschaft der Ersten Republik (1918–1938) war wesentlich von paramilitärischen Verbänden geprägt. Die Heimwehren gelten daher oft als die „schwarze“ Parteigarde, als Pendant zum „roten“ Schutzbund. Doch die Heimwehren waren bestrebt, sich von den Parteien zu emanzipieren, eine lagerübergreifende „christlich-nationale“ Volksbewegung zu bilden, die freilich über kurz oder lang Gefahr lief, selbst in eine weitere Partei zu münden. Zwischen Kanzlern, wie Seipel und Schober, und Heimwehrführern, wie Steidle und Starhemberg, entwickelte sich deshalb ein hintergründiges Tauziehen, das durch ständig neue Versuche der wechselseitigen „Instrumentalisierung“ geprägt war.
Über ihr ursprüngliches Ziel, der Linken das „Recht auf die Straße“ streitig zu machen, schossen die Heimwehren bald hinaus. In Anlehnung an Mussolinis Italien träumten sie vom „Austro-Fascismus“ und von einem „Marsch auf Wien“. Doch der sogenannte „Pfrimer-Putsch“ 1931 scheiterte kläglich. Der Weg an die Macht wurde den Heimwehren schließlich bloß durch die Fehler ihrer Gegner freigeschossen; diese Stellung durch die Uneinigkeit ihrer Führer aber bald wieder verspielt.
Lothar Höbelt, a. o. Univ.-Prof. für neuere Geschichte an der Universität Wien, daneben auch Lehrbeauftragter an der Theresianischen Militärakademie in Wiener Neustadt, ist einer der besten Kenner der politischen Geschichte Österreichs seit 1848. Zu seinen einschlägigen Veröffentlichungen zählen u. a. „1848. Österreich und die deutsche Revolution“ (1998), „Von der vierten Partei zur dritten Kraft. Die Geschichte des VdU“ (1999), „Stehen oder Fallen? Österreichische Politik im Ersten Weltkrieg“ (2015), „Die Heimwehren und die österreichische Politik 1927–1936. Vom politischen ,Kettenhund‘ zum ,Austro-Fascismus‘?“ (2016).