„Umgangssprachlich bedeutet Nihilismus die Verneinung aller positiven Ansätze. Durch die gedankliche Orientierung am Nichts beinhaltet der Nihilismus einen absoluten Vorrang des Individuums, das allein seinen Trieben und Neigungen folgt und dem alles erlaubt ist.“ So lautet die Definition der Mutter aller heutiger Referate und Vorträge, nämlich Wikipedias. Doch warum wird „Nihilismus“ im Titel dieses Artikel mit „gesund“ in Verbindung gebracht?
Ganz einfach: Der Begriff Nihilismus entstand bekanntermaßen in einer Zeit der vorherrschenden Gottgläubigkeit und war eng mit dem Anarchismus verknüpft, also in erster Linie zersetzend und zerstörend und folglich einfach nur negativ besetzt. Doch was bedeutet dieser Begriff in der heutigen gottlosen und auch heimatlosen Zeit? Durch seine Ablehnung endgültiger Werte, die wohl jeder Konservative, Identitäre, Katholik usw. vertritt, kann er natürlich nicht wichtiger Bestandteil dieser Lebensauffassungen werden.
In einer bestimmten Hinsicht jedoch kann der wichtigste Teil der „Ideologie des Nihilismus“ jedem „Rechten“ im alltäglichen Leben weiterhelfen. Der Nihilismus bedeutet ja einen absoluten Vorrang des Individuums gegenüber Werten, Gesetzen und besonders „Heiligkeiten“. In der heutigen Zeit stellen diese „Heiligkeiten“ jedoch etwas komplett anderes dar als in der Vergangenheit. Das „Ja zur Abtreibung“, bedingungslose Zustimmung zur Masseneinwanderung und zur Homoehe sind, um nur ein paar zu nennen, die neuen Werte unserer Zeit. Das sind Wahrheiten, an die man glauben muß! Wagt man es dies zu kritisieren, drohen einem komplette Ausgrenzung in der Schule oder Universität (natürlich auch von den Lehrkräften vorangetrieben) und auch tätliche Angriffe. Solche nonverbalen Auseinandersetzungen wären ja prinzipiell kein Problem, jedoch gilt Selbstverteidigung bei „Rechten“ mittlerweile als Angriff, also ist man vor Gericht stark benachteiligt.
Hier ist eben der oben genannte „gesunde Nihilismus“ die einzige richtige Verhaltensweise. Es wird sicher jedem „Rechten“ in der Faust und im Mund jucken, wenn er linke Dummheiten hört. Mir geht es genauso. Doch ist bei vielen verbohrten Linken eine Diskussion meistens nicht zielführend.
„Wie ein Fisch im Wasser schwimmen“ die gefährlichsten Teile der Neuen Rechten im Mainstream – egal ob es sich um ein zufälliges Gespräch in einer Bar oder um das Klassentreffen handelt. Die Stärke, die zum Beispiel die Identitäre Bewegung ausmacht, ist, daß sie neben ihrer durchaus neuen Ideologie des Ethnopluralismus eben vielfältig und nicht unbedingt mit absoluten Werten oder Zielen verbunden ist. Natascha Strobl (Mitgründerin des antifaschistischen Bündnisses „Offensive gegen Rechts“ in Wien), eine der ganz besonderen Agitatoren gegen diese Bewegung, konstatiert den führenden Figuren der Neuen Rechten, in altvaterischer Manier eine finanzielle und pseudointellektuelle Abgehobenheit gegenüber der „rechten Masse“. Doch dies stimmt einfach nicht, denn viele wichtige Akteure dieser Neuen Rechten kommen nicht aus einem „Rotwein trinkenden, mit Landsitzen bestückten Milieu“, wie es sich jene Autorin ausmalt. Darüber hinaus ist die Möglichkeit, daß sich zum Beispiel der wohlhabende Student mit der simplen Kellnerin versteht und daß beide auch noch die gleichen Ziele verfolgen, der geistig einfach gestrickten Frau Strobl ein Dorn im Auge. In der Realität ist der künstlich aufgebauschte Klassenhaß jedoch einfach nur lächerlich.
Der „gesunde Nihilismus“ muß zu einer Abwehrreaktion gegen diese kranke Zeit werden und gleichzeitig die Isolierungsversuche der sogenannten Antifa abwehren. Denn wo wahre Werte bis zur Unkenntlichkeit pervertiert werden, muß jeder, der sich nicht derart verbiegen lassen will, eine Möglichkeit finden, sich dagegen wenigstens vorerst geistig zu schützen. Dies kann man auf drei Arten tun.
Die erste und auch ehrlichste ist eine komplette Abkehr von dieser kranken Konsumgesellschaft, so wie es zum Beispiel einige Mitglieder des Freibundes versuchen. Eine gewollte Isolation mit selbstgeschaffener Teilautarkie ist hier das Ziel. Die zweite Art besteht aus einer Teilabkehr von der heutigen Gesellschaft. Folglich gibt es noch Überschneidungen zwischen dem Mainstream und der „Szene“. Etliche Konservative oder Katholiken sowie viele Burschenschafter entscheiden sich für diesen Weg. Hier bildet man einen eigenen, „guten“, gegenüber dem Mainstream in vielerlei Hinsicht selbständigen Teil in einer schlechten Gesellschaft. Man lebt teilweise im absolut unüberlegten Glauben, daß ein richtiges Leben im Falschen möglich wäre. Natürlich läßt es sich auf Buden, einschlägigen Lokalen und auf hoffnungsvoll erscheinenden Parteiveranstaltungen kurzzeitig mehr als nur angenehm aushalten. Doch dies bringt nichts.
Im Gegensatz zu den 1920er/1930er Jahren in Österreich ist die Spaltung der Gesellschaft im Moment nicht klar genug erkennbar und auch im alltäglichem Leben noch nicht deutlich genug spürbar. Doch es ist Pflicht für jedermann, sich positiv über „Flüchtlinge“, Abtreibung, Homopropaganda zu äußern. Ansonsten wird man ganz schnell ausgeschlossen, wie es mit Xavier Naidoo oder Eva Herman geschah. So wie es im Mittelalter zum guten Ton gehörte, gläubiger Katholik zu sein, muß man heute im Multikultistrom mitschwimmen, wenn man vom „Establishment“ nicht verfolgt werden will. Um dies ertragen zu können, gibt es neben den oben erwähnten Formen der Schaffung eines eigenen Raumes die folgende Vorgangsweise.
Mit dem „gesunden Nihilismus“ ist eine „Wurschtigkeit“ gegenüber der heutzutage üblichen Reizworten und Totschlagargumenten wie zum Beispiel „Holocaust“ gemeint. Eine echte inhaltliche, tiefgründige Auseinandersetzung ist meist weder gewollt noch sinnvoll. Wie will man auch einem solchen komplexen Thema in einer kurzen Diskussion am Wirtshaustisch oder in einer Bar beikommen? Hier empfiehlt sich nur Ablenkung, ironische Überleitung zu einem anderen Thema. Denn die heutige politische Korrektheit ist eine neue Religion. Die neuen Heiligkeiten (man könnte diese auch unbegründete Tabus nennen) sind unter anderem die schon erwähnten absoluten Wahrheiten, die in keiner Weise auch nur irgendwie angezweifelt werden dürfen. Man glaubt entweder daran oder man wird zumindest auf dem öffentlichem Scheiterhaufen des Internets für alle Zeiten verbrannt.
Gesunder Nihilismus ist hier die Antwort. Dieser muß sich immer an der Frage der Machbarkeit orientieren, somit wandelt sich die Taktik je nach Gesprächspartner. Nach dem Motto „steter Tropfen höhlt den Stein“ führt man politisch Unbedarfte in die gewünschte Richtung.
Wenn dann schon stärker links Indoktrinierte „richtig diskutieren“ (dies ist mit den ganzen Tabus, Reizwörtern, Verboten nicht wirklich möglich) wollen, sollten ihre Argumente ins Lächerliche gezogen werden. Ein ernstes Gespräch ist oft der falsche Weg, denn unbestreitbare Tatsachen und gute Argumente sind nichts als Perlen vor die Säue, wenn mal wieder nicht sein kann was nicht sein darf. Alle gewünschten Distanzierungen und verlangten Bekenntnisse sollten einfach übergangen werden, diese bringen mit Sicherheit nichts. Manchmal muss man dann ohne den jeweiligen politisch korrekten Gedankensoldaten weiterleben.
Diese Worte, von einem Österreicher geschrieben, sind in der noch traurigeren BRD natürlich schwerer umzusetzen als am Ort ihres Entstehens. Manchmal bedarf es vielleicht kleiner Abstriche oder zumindest eines Eingehens auf die persönlichen Befindlichkeiten des Gesprächspartners. Ein Teil der Leserschaft wird hier wohl Kompromißbereitschaft oder ideologische Schwäche vermuten. Doch ist es wirklich zielführend, einen politisch komplett unbedarften Menschen (und so kann man getrost 90 % der heutigen Mainstream-Jünger bezeichnen) so einfach ins kalte Wasser werfen? Definitiv nicht, denn wie meine eigene, wenn auch subjektive Erfahrung zeigt, ist ein vorsichtiges Heranführen an Tatsachen oder Ideale weit erfolgreicher. Zu all diesem ist ebenjener „gesunde Nihilismus“ vonnöten. Wegen jeder, wenn auch noch so schmerzhaften Kleinigkeit gleich auf die verbalen Barrikaden zu steigen, ist destruktiv. Eine dicke Hornhaut gegen den Zeitgeist und seine Krankheiten ist wohl die einzige Möglichkeit, im Mainstream, aber auch gleichzeitig gegen ihn zu leben. Einem scheinbar angepaßten Kommilitonen wird einfach mehr geglaubt als einem von vornherein als „Nazi“ Abgestempelten.
Der „gesunde Nihilismus“ meint also einerseits die Nihilierung der heutigen Werte. Andererseits ist er die Erkenntnis, daß ein richtiges Leben im Falschen zwar nicht direkt möglich ist, aber daß es zumindest ein richtiges Verhalten im Mainstream gibt.